BERLIN. Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Gesetzes zur Einführung eines neuen Wehrdiensts beschlossen. Damit soll nach Plänen der schwarz-roten Regierung erstmals seit der Aussetzung der Wehrpflicht eine Wehrerfassung ermöglicht werden.
Bundeskanzler Friedrich Merz betonte, Deutschland müsse „auf europäischer Seite“ der Nato die stärkste konventionelle Armee haben. „Wir sind zurück auf dem Weg hin zu einer Wehrdienstarmee“, sagte der CDU-Politiker während einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Zugleich merkte er an, man wolle die Bundeswehr „zunächst auf dem Weg der Freiwilligkeit“ aufbauen lassen. Zielmarke sei es, 260.000 Soldaten zu haben. Aktuell verfügt die deutsche Armee über knapp 183.000 Wehrdienstleister.
Das Kabinett hat das #Wehrdienst-Gesetz auf den Weg gebracht, auf eine Wehrpflicht wird verzichtet. Die Zielvorgaben könne man erreichen, so @Bundeskanzler Merz. Andernfalls sei im Gesetz ein Mechanismus zu einer höheren Verpflichtung angelegt. pic.twitter.com/Qacm3gD65C
— phoenix (@phoenix_de) August 27, 2025
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von einem „Riesenschritt nach vorne“ und betonte, Deutschland brauche eine „gut aufgestellte Reserve“ für die kommenden Jahre. „Eine starke Armee ist das effektivste Mittel, um Kriege zu verhindern.“
Musterungspflicht und höherer Sold sollen kommen
Ab Januar 2026 sollen alle 18jährigen einen Fragebogen erhalten, worin das Interesse am Wehrdienst sowie Angaben zu Fitneß und Fähigkeit abgefragt werden. Die Männer müßten diesen beantworten, für die Frauen bliebe dies freiwillig. Ab Juli 2027 will die Bundesregierung zudem eine verpflichtende Musterung der 18jährigen Männer einführen. Wer sich der Pflicht entzieht, müßte mit einem Bußgeld rechnen.
Auch soll künftig der Bundestag darüber entscheiden können, ob die verteidigungspolitische Lage einen Aufwuchs der Streitkräfte erfordert, der auf freiwilliger Basis nicht erreicht werden kann. Dadurch wäre eine Einberufung zum Grundwehrdienst kraft einer einfachen Rechtsverordnung möglich.
Änderungen plant Schwarz-Rot auch bei der Bezahlung und Ausbildung. Künftig biete die Bundeswehr „Qualifikationsmodule“ für alle, die länger als sechs Monate im Dienst bleiben. Zudem soll der Sold auf 2.300 Euro netto steigen und die Krankenkassenbeiträge vom Staat übernommen werden.
Neuer Wehrdienst war noch unter der Ampel geplant
Zudem einigte sich die Bundesregierung auf die Etablierung des Nationalen Sicherheitsrats. Dieser soll ab 2026 als ein Nachfolgegremium des Bundessicherheitsrats und des Sicherheitskabinetts fungieren und vom Kanzler geleitet werden.
Weitere ständige Mitglieder wären der Vizekanzler, der Kanzleramtschef sowie die Bundesminister für Auswärtiges, Finanzen, Inneres, Justiz, Wirtschaft, Verteidigung, Entwicklung und Digitales. Je nach Thema sollen auch Vertreter der Bundesländer und verbündeter Staaten sowie Experten eingebunden werden.
Erst vor wenigen Tagen hatten Unionspolitiker die bisherigen Pläne für den neuen Wehrdienst kritisiert (JF berichtete). Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hatte vergangene Woche einen Ministervorbehalt dagegen eingelegt, weil das Gesetz nicht praktikabel sei. Wadephuls Parteikollege und der Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte, hatte zuvor bemängelt, Pistorius fokussiere sich mehr auf „Ankündigen und Vertagen“ als auf konkrete Lösungen. Später zig Wadepuhl seinen Vermerk zurück.
Bereits 2024, noch unter der Ampel, hatte der SPD-Politiker den neuen Wehrdienst angekündigt. Schon damals war der für Männer verpflichtende Fragebogen ein Teil der Pläne. (kuk)