2018 noch hatte sich Alexander Dobrindt als Mann der klaren Worte präsentiert. Nein, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, sagte der heutige Bundesinnenminister damals – und zwar „egal in welcher Form“. Der Christsoziale sprang seinerzeit seinem Parteifreund Horst Seehofer bei. Der hatte kurz vorher in der Bild-Zeitung klargestellt: „Nein. Der Islam gehört nicht zu Deutschland“, und damit eine Debatte ausgelöst.
Damals war Dobrindt Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Heute, sieben Jahre später und ein Amt höher, windet sich der Christsoziale, wenn man ihn auf seine damalige Äußerung anspricht. Genau das hat nämlich der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier getan.
Er formulierte eine einfache Frage an das Bundesinnenministerium: „Hält der Bundesminister des Innern Alexander Dobrindt an seiner Aussage aus dem Jahr 2018 fest, der Islam gehöre ‘egal in welcher Form nicht zu Deutschland‘?“ Das Ministerium antwortete nicht einfach mit „Ja“, sondern schickte eine fein ziselierte, insgesamt vierzehnzeilige Antwort an den AfD-Mann zurück. Sie liegt der JUNGEN FREIHEIT vor; zuerst hatte die Welt berichtet.
Dobrindt verweist auf „christlich-jüdische Tradition“
Ergebnis: An keiner Stelle wiederholt das Ministerium Dobrindts damalige Äußerung. Statt dessen nimmt es auf eine Rede Bezug, die der Christsoziale am 21. März 2018 im Bundestag hielt. Das war einen Tag nach der obigen Äußerung. „Ja, die Muslime, die hier leben und sich in unser Wertesystem integrieren wollen, sind Teil Deutschlands“, betonte er darin.
„Aber wir sind ein klar christlich geprägtes Land. Wir haben eine christlich-jüdische Tradition. Unsere Wurzel ist das christliche Wertefundament. Das anzusprechen, ist richtig, wenn man integrieren will, weil man denjenigen, die zu uns kommen, sagen muß, wohin sie sich integrieren sollen.“ Dieser Auffassung – so sagte es das Ministerium heute – sei Dobrindt nach wie vor.
Und daß der Islam „egal in welcher Form nicht zu Deutschland“ gehört? Dazu äußert sich der Innenminister einfach nicht. Das ist umso erstaunlicher, als Dobrindt auch in der nun ausführlich vom Ministerium zitierten Bundestagsrede festgestellt hatte: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ – und zwar nur drei Sätze hinter dem letzten Satz, den das Ministerium jetzt in seiner Antwort an die AfD noch bekräftigend zitierte.
Eine Grüne ist trotzdem empört
Aus dieser Auslassung läßt sich kaum etwas anderes schließen, als daß Dobrindt seine damaligen Äußerungen heute unangenehm sind. Als Innenminister wird er von nun an eine zentrale Rolle im Dialog mit dem organisierten Islam in Deutschland spielen, Stichwort: Islamkonferenz. Vermutlich wollte er mögliche Gesprächspartner nicht weiter vergrätzen – zum Beispiel vom Zentralrat der Muslime. Der hat die Entscheidung für Dobrindt als Innenminister nämlich bereits als „islamfeindliche Personalentscheidung“ gegeißelt, und zwar genau wegen der obigen Äußerung.
AfD-Mann Münzenmaier interpretierte die Antwort des Ministeriums dennoch als Distanzierung vom Islam. „Es ist erfreulich, daß der neue Innenminister an seiner Aussage, nach der der Islam nicht zu Deutschland gehört, festhält“, sagte er in der Welt. Schließlich herrsche bei der SPD und bei vielen in der CDU in dieser Frage eine andere Meinung. „Umso wichtiger ist es, daß Dobrindt hier in der Bundesregierung für Klarheit sorgt.“
Alexander #Dobrindt verkennt erneut die Realität dieses Landes. Der #Islam und die deutschen Muslim*innen gehören zu diesem Land – ohne wenn und aber. (1/3)
— Lamya Kaddor (@LamyaKaddor) May 19, 2025
Auf der anderen Seite zeigte sich die grüne Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor am Montag treffsicher empört. „Alexander Dobrindt verkennt erneut die Realität dieses Landes“, schrieb sie bei X. „Der Islam und die deutschen Muslim*innen gehören zu diesem Land – ohne wenn und aber.“ Dobrindt trage zur Spaltung der Gesellschaft bei. Man brauche jetzt „nicht die Freude der AfD“, sondern „ein klares Bekenntnis zu unserer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft“.