BERLIN. Das Landgericht Berlin hat die AfD verpflichtet, ihre Bundesgeschäftsstelle bis spätestens Ende 2026 zu räumen. Die Klage des Vermieters auf eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses wiesen die Richter jedoch zurück. Eine außerordentliche Kündigung sei unwirksam, weil der Eigentümer die Partei vorab nicht abgemahnt habe.
Nach Ansicht des Gerichts habe die AfD den Mietvertrag verletzt, als sie bei einer Wahlparty im Februar 2025 den Innenhof nutzte und die Fassade mit Parteilogo und Symbolen bespielte. Diese Flächen seien nicht vom Mietverhältnis erfaßt gewesen. Gleichwohl sei eine sofortige Kündigung nicht möglich gewesen, da der Vermieter keine vorherige Abmahnung ausgesprochen habe. Der Paragraph 543 des Bürgerlichen Gesetzbuches schreibe eine solche Abmahnung vor, es sei denn, sie sei offensichtlich aussichtslos oder besondere Umstände rechtfertigten den sofortigen Schritt.
Darüber hinaus betonte die Kammer, bei der rechtlichen Abwägung müsse auch das Parteienprivileg aus Artikel 21 des Grundgesetzes berücksichtigt werden. Dieses gewährleiste politischen Parteien besondere Rechte im Rahmen der demokratischen Willensbildung. Auf Grundlage eines vertraglich vereinbarten Sonderkündigungsrechts sei die AfD allerdings zur Räumung bis Ende 2026 verpflichtet, da sie die entsprechenden Kündigungen des Vermieters akzeptiert habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. beide Seiten können binnen eines Monats Berufung beim Kammergericht einlegen.
AfD zufrieden mit Urteil – Umzug in Planung
Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Kay Gottschalk und Bundesschatzmeister Carsten Hütter begrüßten das Urteil. „Das Gericht hat unsere Rechtsauffassung wie erwartet bestätigt“, sagte Gottschalk. Die fristlose Kündigung sei zurecht verworfen worden. „Die ordentliche Kündigung hatten wir bereits akzeptiert.“ Der Prozeßverlauf zeige, daß rechtstaatliche Ressourcen nicht für politische Auseinandersetzungen mißbraucht werden dürften.
Hütter sprach von einem „Sieg für den Rechtsstaat“. Zugleich betonte er, politische Gegner könnten die AfD weder im Parlament noch mit juristischen Schritten „stellen“. Für das kommende Jahr kündigte er den Umzug in eine neue Immobilie an, die als Bundesgeschäftsstelle bessere Bedingungen biete.
Vermieter störte sich an AfD-Wahlparty
Der österreichische Immobilienunternehmer Lukas Hufnagl hatte Ende April Klage beim Landgericht Berlin eingereicht (JF berichtete). Er warf der AfD vor, bei einer Wahlparty im Februar 2025 gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen zu haben. So sei das Gebäude mit Parteisymbolen bestrahlt und der Innenhof für eine Feier genutzt worden, obwohl dies nicht erlaubt gewesen sei.
Die Partei bestritt die Vorwürfe. Sie verwies darauf, daß ähnliche Veranstaltungen zuvor nicht beanstandet worden seien. Außerdem sei der Mietvertrag ausdrücklich auch für den Betrieb eines Veranstaltungsraums geschlossen worden. Ein Anwaltsschreiben bot Hufnagl im März eine Unterlassungserklärung und eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro an, zudem die Übernahme der Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst.
Gericht deutete Ablehnung der Klage an
Zwischen beiden Seiten steht auch der gescheiterte Versuch eines Immobilienkaufs. Hufnagl hatte der AfD den gesamten Komplex in Reinickendorf für 33,5 Millionen Euro angeboten. Die Partei zeigte zunächst Interesse, lehnte aber später wegen des aus ihrer Sicht überhöhten Preises und des abgelegenen Standorts ab. In einem FAQ betont die AfD, es habe nie eine verbindliche Kaufzusage gegeben.
Im Verfahren selbst deuteten die Richter bereits an, daß die Chancen für eine sofortige Kündigung gering seien. In einem Hinweisbeschluß verwiesen sie darauf, daß eine fristlose Kündigung regelmäßig eine vorherige Abmahnung erfordert, die hier fehlt. Zudem müsse bei der Abwägung die grundgesetzlich garantierte Chancengleichheit politischer Parteien berücksichtigt werden.
Vermieter wirft AfD-Funktionären Erpressung vor
Parallel läuft eine Strafanzeige des Vermieters gegen den Bundesschatzmeister Carsten Hütter und den Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß. Hufnagl wirft beiden Erpressungsversuche vor. Die AfD spricht von einem prozeßtaktischen Manöver und bestreitet die Vorwürfe. Ein Ermittlungsverfahren ist bislang nicht eröffnet worden.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens plant die AfD nach eigenen Angaben, mittelfristig eine neue Bundesgeschäftsstelle im politischen Zentrum Berlins zu erwerben. Die bisherigen Mietverträge am Standort in Reinickendorf würden regulär noch bis 2027 laufen. (sv)