BERLIN. Erneut hat Jette Nietzard mit einem „ACAB“-Schriftzug posiert. Diesmal nicht für eine vermeintlich „lustige“ Story auf Social Media, sondern für ein Interview mit der Zeit. Die Bundessprecherin der Grünen Jugend zeigt sich uneinsichtig – und nutzt den Skandal zur weiteren Selbstdarstellung.
Der Pulli sei nur eine Leihgabe gewesen, „weil mir morgens kalt war“, erzählt Nietzard. Sie habe ihn inzwischen gewaschen, wolle ihn aber „demnächst zurückgeben“. Statt einer Entschuldigung sieht sie die Aufregung als willkommene Gelegenheit, über „Polizeigewalt“ zu reden. Und das spiegelt sich auch in der Bebilderung des Interviews wider.
In ihrem Kleiderschrank finde sich etwa eine „Antifa-Lover“-Kappe, dazu „Löhne rauf, Mieten runter“-Demosprüche. Der Begriff „Provokation“ scheint bei ihr eher Berufsbild als Versehen zu sein. Auf Rücktrittsforderungen reagiert sie mit Trotz: Wer so etwas fordere, wolle den Status quo erhalten. Die Grünen seien eine Partei, „die im Dauerzustand um ihre eigenen Grundpfeiler ringt“ – diese müßten wieder „links eingerammt“ werden.
Schon wieder posiert die links-extreme Jette Nietzard mit ACAB 👮🤬 Diesmal nicht AUS VERSEHEN und PRIVAT sondern für ein Interview mit der ZEIT 👇 pic.twitter.com/WenwRuTRyS
— Anna Nina (@annaninii) June 4, 2025
Darf Nietzard bald nicht mehr in den Bundestag?
Auf Kritik von Parteigrößen wie Kretschmann, Özdemir und Nouripour reagierte Nietzard in dem Interview ausweichend. Daß sie auch innerparteilich zunehmend isoliert zu sein scheint, räumt sie ein: Früher sei der Haß von außen gekommen, jetzt auch von innen. Gleichzeitig stilisiert sie sich zur bedrohten Heldin: Gewaltandrohungen, Drohmails, Vergewaltigungsphantasien – das alles sei nach dem Shitstorm Alltag. Schuld daran sei ein von Rechten „durchsetztes Ostberlin“ und eine Gesellschaft, die nach rechts kippe.
Was sie als nächstes plant? Nicht das Parlament, sagt sie. Sie wolle weiter „die gesellschaftlichen Mehrheiten nach links rücken“. Daß der Bundestag ihr bald die Hausausweise entziehen könnte, ist ihr egal. „Dann gehe ich halt nicht mehr in den Bundestag“, sagt Nietzard trotzig. Daß Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wegen „Verletzung der Würde des Hauses“ ein Verfahren anstößt – nebensächlich.
Der Pullover war „nur ein Scherz“, betont die Chefin der Grünen Jugend im Interview. Doch in der Inszenierung der eigenen Radikalität liegt Kalkül. Provokation wird zum Selbstzweck – und zur Karriereleiter in einem Milieu, in dem linke Posen wichtiger zu sein scheinen als Politik.