ERFURT. Thüringens staatliche Hochschulen haben ihre Studenten dazu aufgerufen, ihren Hauptwohnsitz vor den kommenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen im Freistaat anzumelden. Dazu initiierten sie die Kampagne „92 Tage“, die auf die Anmeldefrist vor den jeweiligen Wahlterminen aufmerksam machen soll. Auf der Webseite befindet sich ein Link mit den für die Ummeldung notwendigen Formularen. Organisatoren zufolge geht es darum, „die Demokratie in diesem Bundesland“ ebenso wie die „freiheitliche Grundordnung“ zu stützen.
„Wir möchten gezielt ein unausgeschöpftes Stimmenpotential ansprechen“, erklärte Burkhart von Scheven von der Bauhaus-Universität Weimar, aus der die Initiative hervorging. Wenn man sich für ein Studium in einem Bundesland wie Thüringen entscheide, solle man sich auch aktiv dort einbringen, erklärte der Professor für Bild-Text-Konzeption dem Spiegel. Viele würden sich jedoch nie oder erst verspätet an ihrem Studienort anmelden.
„Es geht darum, daß die AfD in Thüringen vor der Tür steht“
Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel bezeichnete die Aktion als problematisch, auch wenn formell kein Bruch des Neutralitätsgebots bestehe. „Die Studenten sollen sich ja nicht ummelden, damit sie gute Bürger sind“, merkte er gegenüber dem Blatt an. „Es soll sich nur der Ort der Wahl ändern, und zwar deshalb, weil die AfD vor der Tür steht.“ Die Aktion erinnere ihn an frühere Kampagnen linker Studentengruppen aus den Siebzigern. Auch die Linksjugend solid hatte Anfang Januar für die Wohnsitzanmeldung in Thüringen geworben.
Warum solltest du dich dafür ummelden?
Um in Thüringen mit wählen zu können, musst du mindestens drei Monate vor der Wahl hier gemeldet sein. Um bei den Kommunalwahlen wahlberechtigt zu sein, musst du spätestens zum 26. Februar in deinem Ort mit Hauptwohnsitz gemeldet sein. 1/5 pic.twitter.com/euzLKMR3Aj— linksjugend_th (@linksjugend_th) February 9, 2024
Von Scheven widersprach dem Vorwurf. Ihm zufolge sei die Kampagne ausdrücklich nicht parteipolitisch angelegt: „Wir wollen darauf hinweisen, wie wichtig internationale Studenten sind, genau wie demokratische Grundwerte und Vielfalt.“ Zugleich räumte er ein, daß ihm die Prognosen für die anstehende Landtagswahl „persönlich“ Sorgen machten. Laut der neuesten Umfrage von Insa führt die AfD mit 31 Prozent. Die rot-rot-grüne Landesregierung sowie die sie duldende CDU kämen hingegen auf keine eigene Mehrheit. (kuk)