BERLIN. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) hat sich besorgt über die gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands gezeigt. „Wenn ich Deutschland heutzutage mit dem Deutschland von vor zehn Jahren vergleiche, muß ich sagen, daß das nicht mehr das Land ist, das unsere Eltern und Großeltern uns als Vorbild hingehalten haben“, sagte der konservative Politiker am Freitag im Gespräch mit dem staatlichen ungarischen Hörfunksender „Kossuth Rádió“.
Das Land rieche und schmecke nicht mehr so, wie früher. Damals habe Deutschland noch in dem Ruf gestanden, die Heimat fleißiger Menschen zu sein. „Jetzt ist Deutschland diese bunte, multikulturelle Welt, in der Migranten nicht mehr nur Gäste sind“, monierte der Chef der ungarischen Partei Fidesz.
Orbán: Kriegsstimmung in Deutschland besorgt mich
Außerdem äußerte sich der Politiker erschrocken über die Kriegsstimmung, die aktuell in Deutschland grassiere. „Der Gedanke, daß Deutschland in einen Krieg verwickelt werden könnte, war vor drei Jahren noch undenkbar.“ Seit den 90er Jahren beschäftige er sich nun schon mit deutscher Politik und den deutsch-ungarischen Beziehungen.
Daß nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eine „militärische Atmosphäre“ in Deutschland herrsche und Kritiker des Konfrontationskurses mit Rußland mundtot gemacht würden, stimme ihn traurig. Auch die deutschen Medien hätten an dieser Entwicklung ihren Anteil. Orbán trifft sich am Freitag mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), um unter anderem die ungarische EU-Ratspräsidentschaft vorzubereiten, die am 1. Juli beginnt.
Ungarn und Deutschland pflegen traditionell gute Beziehungen miteinander. Als erstes Land im ehemalig sozialistischen Ostblock war es Ungarn, welches DDR-Bürgern die Ausreise in den Westen erlaubt hatte. Seit der Migrationskrise 2015 hat sich das Verhältnis der beiden Staaten allerdings getrübt. (fw)