BERLIN. Die AfD-Fraktion im Bundestag hat die Absetzung aller namentlichen Abstimmungen von der Tagesordnung des Parlaments heftig kritisiert. Der Parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann sagte auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, er habe so ein Vorgehen in seinen acht Jahren im Bundestag noch nicht erlebt.
„Die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen verhindern mit ihrer Mehrheit im Plenum, daß ihre Anträge zur Wiedereinführung der Kernkraft namentlich abgestimmt werden können.“ Davon sei auch ein Antrag zur Migrationsbegrenzung, der am Donnerstag abgestimmt werden sollte, betroffen.
Erpreßt die Union die anderen Fraktionen?
„Der Hintergrund ist, daß mit dem Ausstieg der FDP aus der Ampel völlig neue strategische Mehrheiten im Parlament entstanden sind. Denn die FDP unterstützt die Wiedereinführung der Kernkraft, auch die Union tut das“, erklärte Baumann. Beide Fraktionen unterstützten auch Zurückweisungen an der Grenze im derzeitigen Wahlkampf.
„Vor allem die Union will jetzt verhindern, daß diese strategischen Mehrheiten im Parlament merkbar werden“, betonte der AfD-Geschäftsführer. Deshalb verhindere sie die namentlichen Abstimmungen, auf die die AfD ein Recht habe. „Wenn sie es ernst meint, müßte die Union unsere Anträge unterstützen.“ Nach der Bundestagswahl habe sie die Mehrheiten im Parlament nicht mehr, weil sie dann mit SPD und Grünen koalieren müsse.
„Um diese Abstimmung zu verhindern, zwingt die Union die anderen mit der Macht, die sie ja als zukünftige Kanzlerpartei hat, daß die namentlichen Abstimmungen der AfD mit Mehrheit verhindert werden.“ Baumann vermutete, daß einzelne Abgeordnete aus den Reihen von Union und FDP, „die es in der Sache ernst meinen“, mit der AfD stimmen würden.
AfD spricht von gezielter Sabotage
„Das ist im Grunde die dritte Stufe der Sabotage der AfD im Parlament“, kritisierte der Politiker. Die ersten beiden seien die Verringerung der Sitzungswochen durch die Mehrheit im Parlament und die Blockade aller AfD-Anträge in allen Ausschüssen, damit diese erst gar nicht im Bundestag debattiert werden könnten. „Alle existentiellen Anträge hat die Union aus dem Plenum genommen“, empörte sich Baumann. Debattieren wolle sie statt dessen über Nordkorea.
Neben den Initiativen der AfD ist auch ein Antrag der BSW-Gruppe betroffen, der sich gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren wendet. Alle betroffenen Anträge sollen wieder in die Ausschüsse zurücküberwiesen werden. (ho)