DRESDEN. Laut der Sachsen-SPD ist für den heutigen Montag ein Treffen mit den Spitzen von CDU und BSW geplant, das klären soll, ob weitere Sondierungen der drei Parteien überhaupt noch Sinn ergeben. Anders als in Thüringen, wo die Gespräche ebenfalls vor dem Aus stehen, geht es bei dem Streit nicht um die sogenannte Friedenspräambel, sondern um den Corona-Untersuchungssausschuß.
Dem AfD-Antrag zu dessen Einsetzung hatten die BSW-Abgeordneten in weiten Teilen zugestimmt und damit ihre Gesprächspartner düpiert. Während die CDU darüber im Interesse einer Regierungsbildung zähneknirschend hinweggeschaut hatte, setzte die SPD die Sondierungsgespräche aus. Beide Parteien werteten das BSW-Abstimmungsverhalten als Provokation, weil die AfD mit 40 Abgeordneten auch allein über die dafür notwendigen 24 Stimmen verfügte.
BSW giftet gegen SPD
BSW-Chefin Sabine Zimmermann giftete nun am Montag im Tagesspiegel gegen die Sozialdemokraten: „Das Theater, was die SPD aufführt, ist für mich nicht hinnehmbar und politisch unverantwortlich.“ Sie forderte eine Fortsetzung der Gespräche: „Wir wollen eine stabile Regierung in Sachsen. Die SPD muß sich endlich entscheiden, was sie wirklich will.“
Zimmermann verteidigte die Ja-Stimmen zu dem AfD-Antrag: „Daß die Corona-Zeit in einem Untersuchungsausschuß aufgearbeitet werden muß, war für uns ein zentrales Wahlversprechen und ist daher nicht verhandelbar.“ Das BSW habe CDU und SPD transparent und frühzeitig darüber informiert, daß es dem AfD-Antrag zustimmen würde.
Angriff auf SPD-Spitzenkandidatin
Die Wagenknecht-Partei verfügt nur über 15 Abgeordnete und damit nicht über genügend Stimmen, um einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Zimmermann sagte nun: „Wir hatten CDU und SPD auch die Möglichkeit gegeben, unseren Antrag zum Thema mitzuzeichnen, was sie aber abgelehnt haben.“
Sachsen gehörte während der Corona-Zeit zu den Ländern, das die härtesten Grundrechtseinschränkungen durchsetzte. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) steht deswegen im Nachhinein in der Kritik. Der Untersuchungsausschuß soll dessen Rolle und die der Gesundheitsministerin Petra Köpping aufarbeiten. Diese war SPD-Spitzenkandidatin im Landtagswahlkampf.
Daher ist die SPD besonders verärgert. Es gehe nicht, daß das BSW einerseits mit SPD und CDU eine Regierung bilden wolle und andererseits dann mit der AfD zusammen gegen Köpping vorgehe, hieß es von den Sozialdemokraten.
Darum könnte Sachsen Neuwahlen bekommen
Es ist nicht das erste Mal, daß die vermeintlichen Partner aneinandergeraten. Die BSW-Kandidatin für das Amt der Vize-Landtagspräsidentin war in der konstituierenden Sitzung mehrfach durchgefallen und der SPD-Mann erst im zweiten Wahlgang gewählt worden.
Der aktuelle Streit über den Corona-Untersuchungsausschuß verzögert eine mögliche Regierungsbildung weiter. Dabei drängt die Zeit: Laut sächsischer Verfassung muß der Landtag spätestens fünf Monate nach der Wahl einen Ministerpräsidenten wählen. Diese Frist läuft am 31. Januar ab. Gelingt dies nicht, kommt es automatisch zu Neuwahlen. Bisher haben CDU, BSW und SPD nur „Kennenlerngespräche“ geführt und dann am vergangenen Dienstag mit Sondierungen begonnen.
Koalitionsverhandlungen sind in weite Ferne gerückt. Erst dabei würde es dann auch in Sachsen um die sogenannte Friedenspräambel gehen, die in Thüringen gerade für das Ende der Brombeer-Koalition sorgen könnte, noch bevor sie überhaupt angetreten ist. (fh)