BERLIN. Die Schriftstellerin Sibylle Berg hat erklärt, warum sie für die einstige Satirepartei „Die Partei“ bei den Europa-Wahlen antritt und ins EU-Parlament will. Die nach eigenen Angaben „nichtbinäre Person“, also keinem Geschlecht zuordnungsbar, sagte der Welt: „Meine Kandidatur ist keine Kunst, keine Performance, ich meine das ernst.“ Berg kandidiert hinter Parteigründer Martin Sonneborn auf dem zweiten Listenplatz.
Durch ihre Arbeit habe sich die auch mit linksradikalen Spiegel-Kolumnen bekannt gewordene Autorin „immer mehr radikalisiert“, erklärte sie. Diese wolle sie „vom geschützten Raum der Literatur in die Realität zu bringen“. Während ihr Milieu in der Corona-Zeit die schärfsten Grundrechtseinschränkungen rechtfertigte und Regierungskritiker diffamierte, hatte Berg ab 2021 Kritik an den Maßnahmen geübt.
Berg: In Corona-Jahren radikalisiert
So seien der Ausgangspunkt ihrer Radikalisierung auch die Corona-Jahre gewesen, sagte die 61jährige jetzt: „Austausch und Diskussion fanden nicht mehr statt. Menschen, die Angst hatten, die über ihren Körper verfügen wollten, wurden zu Idioten, zu Rechten, zu Feinden.“
Berg, die in der Schweiz lebt und neben der deutschen auch die eidgenössische Staatsbürgerschaft besitzt, zieht Parallelen zur Gegenwart: „Unterdessen ist Kapitalismuskritik rechts, Pazifismus auch, und wenn alles rechts ist, was Regierende kritisiert, ist das sehr wirksam, um Menschen zum Schweigen zu bringen.“
Gegen den Digital Services Act
Auch gegen den EU-weiten Digital Services Act, der Kritik an den Regierenden in der sozialen Medien bekämpfen soll, wendet sich Berg. Die Ankündigung von EU-Digitalkommissar Thierry Breton, soziale Medien im Falle von Unruhen abzuschalten, lehnt die Schriftstellerin ab.
Sie meint, es laufe gerade „alles schief“. Im Europaparlament arbeiteten Menschen „wie Ameisen in einem Haufen“, aber für die Bevölkerung komme dabei „nichts Gutes“ heraus. Berg glaubt die Erklärung gefunden zu haben: „Jede Regierung will zu jeder Zeit ihre Bevölkerung kontrollieren können. Vielleicht aus Angst vor bevorstehenden Aufständen. Oder einfach aus Spaß.“ (fh)