BERLIN. Um die zahlreichen Anträge auf Einbürgerung effizient bearbeiten zu können, verzichtet das Berliner Landesamt für Einwanderungen (LEA) auf die bisher üblichen Gespräche mit den Bewerbern. Das berichtet die Neue Zürcher Zeitung und beruft sich dabei auf eine Stellungnahme des LEA.
Seitdem die Bundesregierung das neue Einbürgerungsgesetz verabschiedet hat, gibt es einen regelrechten Run auf die deutschen Pässe. Von Jahresanfang bis zum 13. Oktober 2024 haben laut LEA in Berlin allein insgesamt 34.035 Ausländer vollständige digitale Anträge auf die Staatsangehörigkeit eingereicht. Der vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geführte schwarz-rote Senat hat das Verfahren an sich gezogen.
Einbürgerungs-Tempo nimmt zu
Bisher führten die zwölf Bezirke die Einbürgerungsprozesse durch und baten obligatorisch auch zu Gesprächen mit den Antragstellern. Diese entfallen nun. Trotzdem hat das LEA bisher erst 13.512 Migranten eingebürgert – allerdings 8.176 allein im dritten Quartal. In die Vergabe der deutschen Pässe kommt nun das von der Politik geforderte Tempo.
Im Januar, als das LEA die Zuständigkeit von den Bezirken übernahm, saß es auf insgesamt rund 40.000 unbearbeiteten Anträgen. Der Berg soll nun in Rekordgeschwindigkeit abgebaut werden. Gemeinsam mit in diesem Jahr digital gestellten Gesuchen geht es um rund 75.000 Menschen, die in Berlin Deutsche werden wollen. Hinzu kommen weitere per Post eingegangene Anträge.
Deutscher Paß schon nach drei Jahren
Das neue Einbürgerungsrecht gilt seit Juni. Jetzt können Ausländer in besonderen Fällen schon nach drei, in der Regel aber bereits nach fünf Jahren Deutsche werden. Darunter fallen auch jene Migranten, die seit 2015 zu Millionen nach Deutschland eingewandert sind.
Schon im vergangenen Jahr – vor dem neuen Gesetz – hatten die Behörden deutschlandweit mehr als 200.000 Menschen eingebürgert, so viele wie noch nie zuvor und fast doppelt so viele wie noch 2020.
In Berlin will man die Zahl nun verdoppeln. Das könnte ein Bundestrend werden. Denn die 200.000 Anträge waren in diesem Jahr laut Mediendienst Integration bereits im Juni erreicht. Nach dem neuen Gesetz ist die Zahl noch einmal deutlich in die Höhe geschossen.
Flut von Untätigkeitsklagen
Zusätzlichen Druck auf die Behörden üben die Migranten über besonders geschäftstüchtige Rechtsanwälte aus. Haben sie nach drei Monaten noch keinen deutschen Paß, folgt eine sogenannte Untätigkeitsklage. Der Staat übernimmt ohne, daß er dazu verpflichtet wäre, die Kosten, behandelt die Anliegen vordringlich und verteilt zügig die Staatsangehörigkeiten, um eine juristische Auseinandersetzung zu vermeiden.
Allein im Oktober sind 1.509 Untätigkeitsklagen gegen das LEA bei der Berliner Justiz eingegangen. „Das ist sehr viel“, sagte Gerichtssprecherin Anna von Oettingen der NZZ. (fh)