BERLIN. Rund 220 Bundestagsabgeordnete haben einen fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurf zur Organspende vorgelegt. Das Papier sieht vor, die Widerspruchsregelung einzuführen, nach der jeder zum Organspender wird, der nicht explizit widerspricht. Demnach müsse ein Widerspruch „verläßlich und jederzeit auffindbar“ sein, wodurch das Selbstbestimmungsrecht garantiert werde. Dies solle durch das Register für Organspende sichergestellt werden.
Der Wille der Angehörigen spiele dabei keine Rolle, sie würden jedoch über den Willen des Organspenders befragt werden. „Zur Klärung der Spendebereitschaft ist die oder der nächste Angehörige jedoch darüber zu befragen, ob ihr oder ihm ein schriftlicher Widerspruch oder ein der Organ- oder Gewebeentnahme entgegenstehender Wille der möglichen Organ- oder Gewebespenderin oder des möglichen Organ- oder Gewebespenders bekannt ist“, heißt es im Entwurf.
Angehörige werden vorgeschickt
Eine weitere Ausnahme soll es im Fall geben, daß der Organspender nicht entscheidungsfähig ist. Hierbei sei es bei einer Unfähigkeit zur Einwilligung in einem „erheblichen Zeitraum vor der Feststellung des Todes“ nicht mehr erlaubt Organe zu entnehmen. Bei einem „kurzen Zeitraum“ hingegen ginge dies. Was unter erheblich und kurz verstanden wird, ist nicht genauer definiert. „Insgesamt tragen die Regelungen damit sowohl zur Entlastung der nächsten Angehörigen, denen nicht wie bisher zugemutet wird, in einer so belastenden Situation eine derart schwere Entscheidung zu treffen, als auch zur Entlastung der Ärztinnen und Ärzte bei“, heißt es weiter.
Anlaß für die geplante Gesetzesänderung ist laut Entwurf der Mangel an Spendeorganen, trotz steigender Zahlen. Während es 2022 lediglich 869 Organspender gab, wurden dieses Jahr von 965 verstorbenen Organe gespendet – ein Zehn-Jahres-Hoch. Dies ist ein Anstieg von circa elf Prozent.
Anlaß für die geplante Gesetzesänderung ist laut Entwurf der Mangel an Spendeorganen. Momentan stünden deutschlandweit 8.400 Patienten auf der Warteliste: „Die Anzahl von Organspenderinnen und Organspendern reicht damit nach wie vor bei weitem nicht aus, um den Bedarf an Spenderorganen zu decken.“ Als weiterer Grund für den Entwurf wird die hohe Spendebereitschaft in der deutschen Bevölkerung angeführt. Zwar stünden ca. 84 Prozent der deutschen Bevölkerung einer Spende positiv gegenüber, vorherige Änderungen hätten aber „bisher bedauerlicherweise nicht zu der angestrebten substanziellen Verbesserung der Organspendezahlen in Deutschland geführt“.
Kanzler stützt neues Organspendegesetz
Unter anderem beteiligten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Karl Lauterbach (SPD) sowie Gregor Gysi (Linkspartei) an dem Entwurf. Auch CDU-Abgeordnete, unter anderem der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn, beteiligten sich trotz des Unvereinbarkeitsbeschlusses zur Linkspartei an der Abstimmung. Laut diesem ist eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei ausgeschlossen.
Bereits 2020 stimmte der Bundestag über einen ähnlichen Entwurf ab. Dieser bekam allerdings nur 43 Prozent Zustimmung. Damals hatte Spahn, der den Entwurf unterstützte, diesen als „einen nicht geringen Eingriff des Staates in die Freiheit des Einzelnen“ bezeichnet. Letztendlich setzte sich mit 65 Prozent der Stimmen der Gegenentwurf durch, laut dem eine aktive Zustimmung nötig ist. (JF)