KARLSRUHE. Das Gesetz zur Überwachung der Inland-Ausland-Kommunikation ist verfassungswidrig. Dies entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am Donnerstag. Demnach sind die Befugnisse für den Bundesnachrichtendienst (BND) nicht vereinbar mit dem Briefgeheimnis – Artikel 10 Grundgesetz.
Die Karlsruher Richter argumentierten, daß das Grundgesetz dem BND unter Bedingungen erlaube, Inland-Ausland-Kommunikation zu überwachen. Dies diene der Aufklärung und Abwehr von internationalen Cybergefahren. Jedoch bedürfe es einer verhältnismäßigen Ausgestaltung – was im vorliegenden Gesetz nicht gegeben sei.
Verfassungsrichter fordern Stärkung der Kontrollorgane
Konkret bemängelte das Bundesverfassungsgericht den mangelnden Schutz privater Kommunikation ausländischer Personen im Ausland. Ebenso sei die unabhängige Kontrolle durch die G 10-Kommission unzureichend ausgestaltet. Diese fünfköpfige Gruppe entscheidet über die Notwendigkeit und Zulässigkeit sämtlicher Eingriffe der deutschen Nachrichtendienste in das Briefgeheimnis. Ernannt werden die Mitglieder durch den Bundestag.
Hier müsse der Gesetzgeber höhere Anforderungen für die Freigabe setzen. Denn Betroffene haben nur begrenzte Rechtsschutzmittel gegen eine Überwachung. Zumal sie keine Auskunft oder Benachrichtigung darüber erhalten. Daher müsse die G 10-Kommission eine „fachlich kompetente, professionalisierte gerichtsähnliche Kontrolle“ sicherstellen. Dazu sollen die Mitglieder hauptamtlich beschäftigt werden, forderte das Bundesverfassungsgericht.
Bundesverfassungsgericht fordert Neuregelung
Zudem kritisierten die Richter des Ersten Senats, daß die Aufbewahrungsfrist des Überwachungsprotokolls zu kurz ist. Das Protokoll soll zur Datenschutzkontrolle aufbewahrt werden. Im Gesetz ist dafür ein Jahr angesetzt – dem Bundesverfassungsgericht ist das zu kurz. Weiter müsse geklärt werden, wie mit Inland-Ausland-Kommunikation zwischen deutschen Staatsbürgern umgegangen wird – etwa, wenn sie im Urlaub sind.
Beschwerde hatten Deutsche und Ausländer eingereicht, die beruflich miteinander kommunizieren. Dabei handelt es sich unter anderem um einen IT-Rechtsanwalt und eine internationale Nichtregierungsorganisation.
Die Karlsruher Richter setzten dem Gesetzgeber – dem Deutschen Bundestag – eine Frist bis zum 31. Dezember 2026, um eine neue Regelung zu finden. (sv)