BERLIN. Die Initiatoren für eine Mitgliederbefragung über das Ausscheiden der FDP aus der Bundesregierung haben am Donnerstag in der Berliner FDP-Zentrale mehr als 600 Unterschriften übergeben. 200 weitere haben sie, so sagen sie zur Sicherheit, noch in petto.
Matthias Nölke, Kreisvorsitzender der FDP in Kassel und Georg Nippert, FDP-Kreisvorstand aus Worms, händigten die hunderten Zettel dem Bundesgeschäftsführer der Partei, Michael Zimmermann, aus. Dessen Mitarbeiter müssen nun die Gültigkeit prüfen. Sind es mindestens 500, muß die interne Befragung starten.
Mitgliederbefragung könnte Druck entfalten
Diese ist zwar nicht bindend, würde bei einem deutlichen Ergebnis aber enormen Druck entfalten und die FDP vor eine Zerreißprobe stellen. Nölke hofft auf eine Beteiligung von „60 bis 70 Prozent“ der 77.000 FDP-Mitglieder. Seine Forderung nach dem Austritt der Liberalen aus der Regierung begründet er so: „Das Festhalten an der Verantwortung bringt das Land an den Abgrund und die FDP in den Sog gleich mit dazu.“
Die Initiatoren wünschen sich eine Abstimmung bereits im Januar und am „besten digital“. So wäre eine hohe Beteiligung möglich. Nölke hofft, die Mehrheit könnte das so sehen wie er: „In der Energie- und Migrationspolitik verhelfen wir Rot-Grün zu Mehrheiten, für die wir nicht gewählt worden sind.“
FDP-Chef Lindner will in Regierung bleiben
Doch die Parteiprominenz ist vehement gegen einen Ausstieg aus der Koalition mit SPD und Grünen. Parteichef Christian Lindner sagte kürzlich dem Handelsblatt: „Die FDP bestimmt deutlich den Kurs mit, den die Bundesregierung einschlägt.“ Es gebe aktuell keinen Anlaß, so der Finanzminister, „der ganzen Unsicherheit, die es derzeit in der Welt gibt, noch eine weitere hinzuzufügen“.
Auch der sonst als Parteirebell bekannte Frank Schäffler, der allerdings trotz monatelanger Kritik auch dem Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zustimmte, will in der Regierung bleiben. Dem Spiegel sagte er: „Wir müssen jetzt in dieser Phase cool bleiben.“ In der „Zeitenwende der öffentlichen Haushalte dürfen wir das Schiff nicht verlassen“. Lindner bescheinigte er, dabei der „Steuermann“ zu sein.
Haushalts-„Notlage“ sei eine „Notlüge“
Gerade das sehen die Befürworter des Ampel-Aus anders. Die Haushaltskrise, die erst offenbar wurde, als die Unterschriftensammlung schon lief, betrachten sie als Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. Die von Lindner kürzlich für das laufende Jahr nachträglich ausgerufene „Notlage“ nannte er eine „Notlüge“.
Und sein Partner Nippert gab ein Stimmungsbild wieder, das er an der Basis und bei den Wählern feststelle: „Wenn wir sagen, es war ein Fehler, diese Koalition, wir stecken zurück für Deutschland, dann haben mir 90 Prozent der Menschen gesagt: Dann würde ich auch wieder FDP wählen.“ (fh)