BERLIN. Bei den Grünen hat sich ein heftiger Streit zwischen Basis und Parteivorstand entzündet. Rund 730 Mitglieder fordern von der Grünen-Spitze in einem Protestbrief, der dem Spiegel vorliegt, bei der geplanten Verschärfung des Asylrechts auf EU-Ebene schleunig umzusteuern. Die Partei rücke mit dem Vorgehen von ihren Grundsätzen ab.
Die Ausweitung sicherer Drittstaaten, schlechterer Rechtsschutz, verpflichtende Grenzverfahren in Haftlagern und eine massive Verschärfung des Dublin-Systems seien nur einige Punkte, die sie bemängelten. EU-Mitgliedstaaten würden zudem zur Inhaftierung von Migranten verpflichtet und erhielten „massive Möglichkeiten“ für weitere Asylrechtsverschärfungen auf nationaler Ebene.
Es handle sich um einen Kurs der „Abschreckung und Abschottung“. Das führe nicht zu weniger Migration nach Europa, sondern lediglich zu mehr Leid. Ihre Erwartungen an die Parteispitze machten die Unterzeichner besonders deutlich: „Wir erwarten, daß ihr gemeinsam mit viel Rückenwind aus der Partei, Zivilgesellschaft und der Wissenschaft dazu beitragt, daß Populismus nicht in Gesetzesform gegossen wird und wir die Hegemonie in der Debatte zurückgewinnen.“
Auch die Grüne Jugend ist dabei
Adressaten des Schreibens sind Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Familienministerin Lisa Paus, die Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour sowie die Fraktionschefinnen Katharina Dröge und Britta Haßelmann. „Auch wenn die Verhandlungssituation in Brüssel sicherlich schwierig ist und wir sicher sind, daß ihr für die Umsetzung des Koalitionsvertrags kämpft, so ist es doch schwer nachvollziehbar, warum die deutsche Verhandlungsposition nicht annähernd den Inhalten des Koalitionsvertrags entspricht“, heißt es in dem Brief.
Den Kurs der Abschottung dürfen wir nicht mittragen: Die aktuell geplanten Verschärfungen des Asylrechts sind keine Verbesserung der Lage – sondern eine Verschlechterung.
Hunderte Grüne Parteimitglieder haben deshalb ein „Nein“ von den Grünen und der Ampel gefordert! pic.twitter.com/zp1zLk2geJ
— Timon Dzienus (@Dzienus) June 6, 2023
Bekannte Unterzeichner sind etwa Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina, der frühere Botschafter Deutschlands in Pakistan, Martin Kobler, die Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag, Astrid Rothe-Beinlich, Hamburgs Fraktionschefin Jennifer Jasberg und der Chef der Grünen Jugend, Timo Dzienus. (zit)