BERLIN. Die russische Marine hat nur Tage vor den Nord-Stream-Explosionen „mutmaßlich mit einem Mini-U-Boot“ in der Nähe der Pipelines operiert. Einer Quelle in Sicherheitskreisen zufolge und auf Grund von Sattelitenbildern konnten Schiffbewegungen in den Gewässern um Bornholm russischen Wasserfahrzeugen zugeordnet werden, berichtet t-online.
Nur fünf Tage vor den Explosionen vom 26. September 2022, die drei der vier Stränge von Nord Stream zerstörten, ließen sich demnach am dem Abend des 21. September ungewöhnliche Ereignisse beobachten. Sattelitenbilder zeigten wie ein russisches Unterstützungsschiff, das üblicherweise ein kleines U-Boot namens „AS-26“ mit sich führt, aus seinem Stützpunkt in Pillau bei Königsberg auslief. Das mitgeführte Mini-U-Boot könne mit seinen Greifarmen bis zu 50 Kilogramm schwere Lasten in Position bringen.
Weitere Bilder zeigten ein Schiff mit der entsprechenden Größe am Tatort, allerdings sei hier das „Automatische Identifikationssystem“ (AIS), das Standortdaten sendet, ausgeschaltet gewesen. Von der Sprengstelle fuhr am 22. September ein schwedisches Schiff, das auf die Vorgänge aufmerksam wurde, in Richtung des Militärhafens in Pillau. Hier sei laut einer nicht genannten Quelle aus den „Sicherheitskreisen“ ein Verband russischer Militärschiffe verfolgt worden, berichtet t-online. Das sei durch Positionsdatenbanken und Satellitenbilder zum Teil nachvollziehbar. Ab dem 19. September habe die russische Marine ein Manöver in der Region durchgeführt. Nur Stunden zuvor waren auch US-Kriegsschiffe durch das Gebiet gefahren.
Neue Theorie über Nord-Stream-Anschlag weist Lücken auf
Dies ist somit die dritte Theorie über die Urheber der Explosionen an der Nord-Stream-Pipeline, die einige Belege präsentieren kann. Zuvor waren die USA zusammen mit Norwegen sowie eine pro-ukrainische Gruppe als Drahtzieher hinter der Aktion, die beträchtliche Ausrüstung und Wissen benötigt, vermutet worden.
Die Theorie, wonach eine Gruppe von Ukrainern mit einem Segelboot die Sprengsätze platziert haben soll, wird von Experten weitgehend verworfen. Nichtsdestotrotz durchsuchte das Bundeskriminalamt das verdächtige Boot „Andromeda“. Das sei wahrscheinlich eine False-Flag-Operation, die Spuren verwirren und die tatsächlichen Akteure hinter dem Nord-Stream-Anschlag verschleiern soll, heißt es. Der russische Präsident hatte diese These als „totalen Unsinn“ bezeichnet. Für eine derartige Aktion in dieser Tiefe und in dieser Größenordnung seien „Spezialisten“ und „die Unterstützung eines Staates, der über die entsprechende Technologie verfügt“ notwendig, sagte Wladimir Putin in einem Fernsehinterview.
Die älteste mit Indizien unterfütterte Theorie, die eine Urheberschaft in den USA und Norwegen behauptet, hatte der Enthüllungsjournalist Seymour Hersh aufgestellt. Demnach wurden ebenfalls im Schatten eines Militärmanövers Sprengsätze auf Befehl von US-Präsident Joe Biden angebracht und von einem norwegischen Flugzeug gezündet. Biden hatte vor dem großflächigen Angriff Rußlands auf die Ukraine gewarnt, daß die USA Mittel hätten, Nord Stream „zu beenden“. Unklar indes bleibt bei der Theorie, die Rußlands Urheberschaft behauptet, welches Interesse Moskau daran haben könnte, die mehrheitlich in russischem Besitz befindliche Erdgastrasse zu zerstören. (mp)