Robert Habeck ist ein Kinderbuchautor. Das ist eigentlich schon deswegen unstrittig, da der Bundeswirtschaftsminister Kinderbücher geschrieben hat. „Kleine Helden, große Abenteuer“, heißt etwa eines davon und handelt nicht von ihm selbst. Nun ist Habeck allerdings nicht nur Kinderbuchautor und Wirtschaftsminister, sondern erklärt den Deutschen gerne auch mal den Nahost-Konflikt und spricht über Antisemitismus in Deutschland.
Dafür nutzt er, wenn auch fachlich nicht zuständig, öfter die Ressourcen seines Ministeriums. Ein Video Habecks in der vergangenen Woche zu Antisemitismus, deutscher Schuld, Holocaust, Palästinenser-Demonstrationen ging in den sozialen Medien viral. Bis Montagvormittag wurde der per Teleprompter abgelesene Clip allein auf dem Kurznachrichtendienst X fast 17.000-mal geteilt und erreichte auf der Plattform fast zehn Millionen Accounts.
Der Terrorangriff der Hamas auf #Israel ist jetzt bald vier Wochen her. Vieles ist seitdem passiert, die öffentliche Debatte aufgeheizt und verworren. Im Video deshalb einige Gedanken von Vizekanzler und Minister Robert #Habeck zur Einordnung und Differenzierung. pic.twitter.com/v79XcHpVZo
— Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (@BMWK) November 1, 2023
Habeck Schweinebauer, Baerbock Völkerrecht?
Habeck und sein Ministerium waren davon offenbar so begeistert, daß sie das gleiche Video mit Untertiteln in Englisch, Arabisch und Hebräisch nochmal ins Netz stellten. Mit noch größerem Erfolg: fast 19.000 Weiterleitungen und rund 16 Millionen erreichte Nutzerkonten. Habeck, kein Unbekannter in Sachen Eitelkeit, soll den Ruhm, die Reichweite und die vielen Weiterleitungen genossen haben, hört man in Berliner Regierungskreisen.
Vor allem, weil er seiner innerparteilichen Konkurrentin und eigentlich zuständigen Ministerin Annalena Baerbock damit ordentlich eins auswischen konnte. Sie Völkerrecht, er Kuhmelker? Das Video aus dem Wahlkampf, in dem Baerbock ihrem damaligen Co-Parteichef öffentlichkeitswirksam einen Seitenhieb verpaßte, nagt bis heute am philosophierenden Minister.
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Dutzende Antworten ausgeblendet
Eines aber paßt Habeck und seinem Ministerium offenbar gar nicht. Daß Habeck eben Kinderbuchautor ist. Das paßt nicht so recht zum Welterklärer. Also ließ das Ministerium unter Habecks Videos fleißig Beiträge zensieren, in denen seine Schriftsteller-Tätigkeit erwähnt wird. Beziehungsweise ließ diese ausblenden. Heißt: Sie werden den Nutzern unter den Videos auf X nicht mehr angezeigt. Ganz verschwunden sind sie allerdings noch nicht. Klickt man einen speziellen, recht versteckten Button unter dem Beitrag an, findet man sie noch.
Neben zahlreichen Ausfällen und Beleidigungen finden sich dort viele harmlose Posts mit der Kernaussage: „Na, wenn der Kinderbuchautor das sagt.“ Strafrechtlich relevant ist das nicht. Wie also rechtfertigt das Habeck-Ministerium dieses aufwendige manuelle Verstecken der Beiträge? Auf JF-Anfrage teilt das Wirtschaftsministerium lakonisch mit, es gelte die Netiquette des Wirtschaftsministeriums.
Ministerium schweigt zu Kosten
Konkret heißt es von der Pressestelle: „Die Arbeit des Community Managements zur Ermöglichung eines respektvollen und themenbezogenen Austauschs auf unseren Plattformen gemäß der Netiquette des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ist Teil des Aufgabenspektrums unseres Teams für Online-Kommunikation und Soziale Medien, das auch mit der Betreuung der Website, der Aufzeichnung von Video-Grußworten und Beiträgen für die Sozialen Medien befaßt ist.“
In der Netiquette heißt es unter anderem, man wolle eine respektvolle Diskussion, es müsse einen Themenbezug geben, Werbung, Spam und Rechtswidriges seien tabu und Zitate müßten korrekt sein. Daß man angesichts der übersichtlichen Berufserfahrung Habecks in Wirtschaftsfragen auf dessen beruflichen Hintergrund hinweist, ist durchaus verständlich. Zumal es um die deutsche Wirtschaft nicht zum Besten gestellt ist.
Rede ohne Konsequenzen
Rechtfertigt also im Zweifelsfall die Eitelkeit eines Ministers das Verstecken solcher harmlosen Beiträge? Und was hat es den Steuerzahler gekostet, daß sich mit Steuergeld finanzierte „Community-Manager“ durch hunderte Kommentare wühlen und zielgerichtet die Verweise auf Habecks Vergangenheit weitgehend unsichtbar machen wollen? Dazu will das Ministerium sich nicht im Detail äußern. Die Kosten, heißt es lapidar, würden „über den Rahmenvertrag für Videodienstleistungen des Referats für Soziale Medien und Digitale Kommunikation abgedeckt“.
Auch eine andere JF-Anfrage ließ die Pressestelle des Ministeriums unbeantwortet: Was folgt eigentlich aus der Rede Habecks konkret? Insbesondere für den Bereich Wirtschaft und Klimaschutz, für den er ja eigentlich zuständig ist? Offenbar nichts.