BERLIN. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird die Ständige Impfkommission (Stiko) fast vollständig neu besetzen. Zwölf von 17 Mitgliedern müssen gehen. Dies entspricht 71 Prozent, also fast drei Viertel. Im Februar will Lauterbach neue Mitglieder bestimmen. Er läßt dabei andere Gremien außen vor.
Kritiker mutmaßen, der SPD-Politiker ziehe damit die Konsequenzen aus dem Widerspruch der Stiko an Lauterbachs „eigenmächtigen Impfempfehlungen“. Dieser ruft seit Monaten die Deutschen erfolglos dazu auf, sich erneut gegen Corona „immunisieren“ zu lassen.
Lauterbach ändert Besetzungsregel
Im Juli 2022 hatte Kommissionschef Thomas Mertens Lauterbachs Dogma zurückgewiesen, junge Menschen sollten sich ein viertes Mal impfen lassen: „Ich halte es für schlecht, medizinische Empfehlungen unter dem Motto ‚Viel hilft viel‘ auszusprechen.“ Auch danach verlangte der Gesundheitsminister von der Kommission weitere Impfempfehlungen. Doch die weigerte sich.
Um die offenbar unliebsamen Stiko-Mitglieder loszuwerden, änderte der Sozialdemokrat die Regel, nach der er die Mitglieder beruft. Diese sollen nur noch für drei Berufungsperioden à drei Jahre ernannt werden. Mit dieser neuen Regelung könnten zwölf aktuelle Experten nicht mehr dabei sein, sagte Mertens der Welt.
„Stiko zum Beifallsinstrument des Ministers umgemodelt“
Das ehemalige Stiko-Mitglied Gerd Antes wird deutlich: „Bei diesem massiven Eingriff drängt sich der Eindruck auf, daß es hier darum geht, die Stiko in ihrer Unabhängigkeit zu beschneiden, mit dem Ziel, statt einer unabhängigen wissenschaftlichen Beratung sie zu einem Bestätigungs- und Beifallsinstrument zu den Verlautbarungen des Gesundheitsministers umzumodeln.“
Er habe, so Antes, „den Verdacht, daß Lauterbach hinter sich seinen wissenschaftlichen Background-Chor formieren will. Kontrapunktische Stimmen stören da nur“.
Auch der Epidemiologe und Ex-WHO-Experte Klaus Stöhr kritisierte die Umbesetzungspläne: „Die Stiko wird lange brauchen, um wieder voll arbeitsfähig zu werden.“ (fh)