„Betrugssystem“: Oskar Lafontaine rechnet mit der Linkspartei ab

Der Ex-Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, geht mit seiner Partei hart ins Gericht Foto: picture alliance/dpa | Oliver Dietze

„Betrugssystem“

Oskar Lafontaine rechnet mit der Linkspartei ab

Der frühere Vorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, verläßt mit sofortiger Wirkung die Partei. In einem Schreiben rechnet er mit der aktuellen Parteiführung ab und wettert gegen „manipulierte Mitgliederlisten“ und ein „Betrugssystem“.

SAARBRÜCKEN. Der frühere Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, hat seinen Austritt aus der Partei erklärt. Er warf seinen früheren Parteigenossen vor, im Saarland „ein Betrugssystem installiert“ zu haben, „bei dem auf der Grundlage manipulierter Mitgliederlisten Bundestags- und Landtagsmandate vergeben werden“.

Der frühere SPD-Chef warf der Linken zudem vor, sich mehr und mehr dem Milieu der Grünen anzubiedern. „In der Folge wandten sich viele Arbeitnehmer und Rentner ab, gingen zurück zur SPD, wurden Nichtwähler oder stimmten aus Protest für die AfD oder sonstige Parteien.“ Normal- und Geringverdiener würden von der Partei nicht mehr vertreten.

Lafontaine bemängelte zudem, die aktuelle Fraktions- und Parteiführung versuche, „die friedenspolitischen Grundsätze der Linken“ zu unterlaufen. Hintergrund waren Überlegungen der Linken-Spitze, dem Aufrüstungsprogramm der Bundeswehr zuzustimmen. „Sie konnten sich damit zum Glück nicht durchsetzen.“ Zudem sei versucht worden, ihn wegen seiner kritischen Haltung aus der Partei auszuschließen.

Lafontaine und Wagenknecht attackieren eigene Partei

„Einer Partei, in der die Interessen der Arbeitnehmer und Rentner und eine auf Völkerrecht und Frieden orientierte Außenpolitik nicht mehr im Mittelpunkt stehen und die zudem das im Saarland etablierte Betrugssystem unterstützt, will ich nicht mehr angehören“, resümierte der Noch-Fraktionsvorsitzende der Linken im Saarland.

Lafontaine gilt als enger politischer Verbündeter seiner Ehefrau Sahra Wagenknecht. Beide warfen der Partei in den vergangenen Jahren immer wieder vor, sie diene sich zu sehr an ein liberales Großstadtmilieu an und vernachlässige Arbeiter und Rentner. Wagenknecht hatte dazu ein Buch („Die Selbstgerechten“) veröffentlicht, in dem es unter anderem heißt: „Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu lenken, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden, durch die sie sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und aus der sie den Anspruch ableiten, ein Opfer zu sein.“

Kritiker von Wagenknecht hatten daraufhin ein Parteiausschlußverfahren gegen die frühere Fraktionsvorsitzende im Bundestag eingeleitet. Das Landesschiedsgericht Nordrhein-Westfalen lehnte einen Ausschluß im Juni 2021 jedoch ab. (ho)

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Kommentare

Joachim Reuter sagt:

18. März 2022 um 9:17 Uhr

Lafontaine war immer ein freier, kritischer Geist. Solche Menschen lassen sich niemals in das Korsett einer Partei einbinden.

Für seine Standhaftigkeit schätze ich ihn. Für seine Deutschfeindlichkeit verachte ich ihn.
Iudex sagt:

17. März 2022 um 18:42 Uhr

Leute wie der nationalfeindliche DDR-Bewunderer Lafontaine haben für mich einen irritierenden Charakter.
Seinerzeit, im Amt als SPD-Chef und Bundesfinanzminister, trat er kindisch-beleidigt zurück, nachdem Kanzler Schröder sich weigerte, seinen „Befehlen“ zu folgen.

Damals ein in seiner Eitelkeit Gekränkter.

Nun weigert sich die Saarland-Linke ebenfalls, ihm zu folgen.
Jetzt, ganz kurz vor der Landtagswahl im Saarland, tritt er wieder (als ehemaligerParteiführer) aus einer Partei aus. Diesmal, in der Hoffnung diese (die Linke) mit durch den Austritt bedingten Wählerstimmen-Entzug zu bestrafen, was ein rachsüchtiges Geschmäckle hat.

Nun ein Rächer.

Was ist das nur für ein Parteiführer gewesen?
1. Tintin sagt:
  
  17. März 2022 um 22:10 Uhr
  
  Eitelkeit spielt natürlich immer eine Rolle, aber es wäre ganz falsch, die Beweggründe seines Handelns darauf zu reduzieren. Lafontaine ist kein Parteisoldat und das ist schon mal gut. Wenn ihm die Richtung nicht passt, in der sich die Partei entwickelt, tritt er aus ihr aus. Ich bin wie er der Meinung, daß Parteien vor allem Mittel zum Zweck sind und nicht Zweck an sich, wie insbesondere viele CDUler glauben und stur an der Partei festhalten, ganz gleich, welche Politik von ihr gemacht wird. Als gelernte Opportunisten folgen sie den Kurskapriolen der Parteiführung; heute gilt dieses und morgen jenes. Sie verhalten sich im Grunde wie Fans eines Fußballklubs: Hauptsache der eigene Verein gewinnt! Inhalte dienen da nur dem strategischen Interesse, die Wahlen zu gewinnen, sind aber beliebig austauschbar und im Grunde sekundär. Berufpolitiker, die bereit sind, sich für irgendeine Position notfalls auch abwählen zu lassen, gibt es so gut wie gar nicht mehr. Gebe es Gott, daß wir mehr Politiker wie Lafontaine hätten, die nicht in erster Linie die eigene Karriere im Sinn haben, sondern vor allem Idealisten sind, die sich redlich für das Wohl des Volkes einsetzen wollen.
Paulinaroth sagt:

17. März 2022 um 16:06 Uhr

Das ist doch mal ein guter Schritt des Herrn Lafontaine!
In den 80er Jahren habe ich ihn (SPD) gewählt. Ich hielt ihn für einen reellen, klugen, auch ehrlichen Mann. Dann verlor er gegen Schröder u. ich habe nie mehr SPD gewählt. Frau Wagenknecht beeindruckt mich ebenso, doch sie hatte es sehr schwer in dieser heutigen Linken, also schon seit vorgestrigen und im Grunde keinen Einfluß. Jedenfalls keinen, der bis in die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Leider werden kluge Geister in unserer Politik immer seltene ganz unabhängig von der Parteirichtung. Einen wirklich klugen Kopf kann man bald erkennen. Ich sehe z. Z. keinen in den „etablierten“ Zirkeln.
1. AnnePetra Kant sagt:
  
  17. März 2022 um 18:09 Uhr
  
  Jeder, der ehrlich, konsequent und mutig seinen Standpunkt in der Politik vertritt, und dazu noch klüger ist als die meisten anderen, wird recht bald in die Ecke gedrängt bzw. aus der Partei rausgeekelt.
  Die Mittelmäßigen wollen keine Leute in ihren Reihen, die ihnen übelegen sind und die ihnen nur die Netzwerke zerreißen, welche sie eifrig gesponnen haben, um sich den Aufstieg zu sichern bzw. die Beibehaltung des Postens, den sie innehaben.
  Oskar Lafontaine ist ein QUERDENKER im besten Sinne, ebenso wie sein Frau, Sahra Wagenknecht. Beide sind viel zu intellektuell und zugleich realistisch, um von den Massen der bornierten Mitläufer und Beton-Ideologen in der Linkspartei geschätzt zu werden.
  Dabei brauchte unser Land gerade d i e Leute, die aus den Parteien rausfliegen –
  sei es nun ein Lafontaine, ein Sarrazin oder Palmer.
Ernuwieder sagt:

17. März 2022 um 15:20 Uhr

Zwar sortiert die Identitätspolitik die Menschen tatsächlich in unzählige Gruppen und Grüppchen und klebt den Schubladen dann Etiketten drauf, meistens aus irgendwelchen neumodischen englischen Begriffen.
(Das selbstständige Denken hat die deutsche Linke ohnehin schon lange verlernt; stattdessen hängt sie willen- und gehirnlos an den Lippen irgendwelcher US-amerikanischen Vorbeter und versteht sich nur noch als „Importunternehmer“ zur 1:1-Übertragung woker US-Diskurse nach Deutschland.)

Aber im Westenlichen kennt die Identitätspolitik doch nur zwei Sorten Mensch:
Einmal die wertvollen besonderen Menschen MIT Identitätsmerkmalen, und dann die wertlosen Massenmenschen OHNE schützenswerte Menschenwürde.

Deutsche – zumal weiße, christliche, alteingesessene Deutsche – fallen definitiv in die zweite Kategorie.
Gewaltverbrechen an ihnen sind nicht schlimm, schaffen es höchstens mal in die Lokalnachrichten, Terroropfer unter ihnen werden nicht öffentlich betrauert, sie bleiben namenlos, ihre politischen Bedürfnisse sind irrelevant.
Warum also sollten Deutsche eine solche Linke wählen?
1. Christian_Steinhart sagt:
  
  18. März 2022 um 9:50 Uhr
  
  👍👍👏👏