BERLIN. Der Chef der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat Isolationspflichten als „weitreichende freiheitseinschränkende Maßnahmen“ bezeichnet. Sie seien „zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig“, sagte er der Rheinischen Post.
Aufgrund sinkender Infektionszahlen und hauptsächlich milder Krankheitsverläufe sei ein Ende der Isolationspflicht für Corona-Infizierte seines Erachtens nach „medizinisch vertretbar“. Untermauert werde seine Position von den Erfahrungen, die viele andere europäische Länder mit der Abschaffung einer Isolationspflicht bereits gemacht haben, gab Reinhardt zu bedenken.
Ärztekammerchef plädiert für Eigenverantwortung
Der Ärztekammerchef appellierte insbesondere an die Eigenverantwortung der Bevölkerung: „Wichtig ist, daß die Menschen lernen, eigenverantwortlich mit diesen Lockerungen umzugehen und Rücksicht zu nehmen.“ Dem stimmte auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Markus Beier, zu: „Wer krank ist, bleibt konsequent zu Hause. Niemand, der hustet und schnieft, sollte sich ins Büro oder in eine volle Bahn setzen.“
Vergangenen Freitag hatten bereits die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern beschlossen, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte zum 16. November auszusetzen. Hierfür hagelte es Kritik von den Grünen, der SPD und allen voran von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Lauterbach will Isolationspflicht beibehalten
Im Gegensatz zu Reinhardt beschrieb Lauterbach die Aufhebung der Isolationspflicht gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger als „verantwortungslos“. Die Abschaffung der Isolationspflicht würde besonders Menschen aus vulnerablen Gruppen „in große Gefahr bringen“, denn „für viele von ihnen kann eine Coronainfektion lebensbedrohlich werden“.
Noch weiter geht derweil Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Er fordert zusätzlich ein Ende der Maskenpflicht im Nahverkehr. (JF)