BERLIN. Viele Maßnahmen, die gegen die Ausbreitung des Coronavirus, das Covid-19 auslösen kann, ergriffen wurden, hatten gar keinen oder nur einen geringen Effekt. Dies schreibt eine von der Bundesregierung beauftrage Expertenkommission im Evaluierungsbericht der Coronamaßnahmen, die sie am Donnerstag vorstellte. Bereits die Erstellung des Berichtes geriet zum Politikum, da insbesondere Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Kommissionsarbeit behinderte.
Drastische Einschränkungen grundgesetzlich garantierter Freiheiten stehen demnach kaum im Verhältnis zum Erfolg. Der so genannte Lockdown habe nur „einen kurzfristigen positiven Effekt“ gezeigt. Je länger dieser aber angedauert habe, „umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen“ in der Gesamtbilanz. Dazu zählte die Kommission die „Steigerung der häuslichen Gewalt“, die „Zunahme von psychischen Erkrankungen“ und „existenzielle Nöte“.
Ausschluß Ungeimpfter war wohl sinnlos
Die 2G- und 3G-Regeln, die Ungeimpfte aus dem öffentlichen Leben raushalten sollten, sehen die achtzehn Experten gleichfalls kritisch. Lediglich in den ersten Wochen nach einer Impfung oder überstandenen Covid19-Infektion sei der Schutz vor einer Ansteckung hoch. „Der Schutz vor einer Infektion läßt mit der Zeit jedoch deutlich nach.“ Entsprechend medizinisch fragwürdig erschienen die auch rechtlich umstrittenen Bestimmungen.
Zu den kritisierten Maßnahmen gehört auch die Maskenpflicht. Diese habe eine weitaus geringere Wirkung als angenommen. Zwar sei unter Laborbedingungen durchaus ein positiver Effekt festzustellen. Doch sei „nicht abschließend geklärt, wie groß der Schutzeffekt von Masken in der täglichen Praxis“ ist. So würde eine „schlechtsitzende und nicht enganliegende Maske“ eine Scheinsicherheit suggerieren.
Bericht zu Covid19-Maßnahmen sollte noch kritischer sein
In ihrer Auswertung kamen die Gesundheitsexperten zu dem Schluß, daß Kinder und Jugendliche für die Ausbreitung von Covid19 keine herausragende Stellung besitzen. Ein „scheinbar höheres Infektionsgeschehen“ gegenüber dem von Erwachsenen führen sie auf das „anlaßlose Testen in Schulen“ zurück. Eine flächendeckende Schulschließung wurde aber genau mit diesem Argument begründet.
Wie die Bild-Zeitung berichtete, sollte der ursprüngliche Evaluierungsbericht der Covid19-Maßnahmen sogar noch kritischer ausfallen. Insbesondere der Epidemiologe Klaus Stöhr, der in dem Gremium den Virologen Christian Drosten ablöste, geht mit diesen politisch umstrittenen Eingriffen hart ins Gericht. Allerdings hatten viele der achtzehn Autoren in der Vergangenheit die Maßnahmen gegenüber der Politik selbst empfohlen.
Im Fazit des Berichts heißt es daher: „Insgesamt dürften die Maßnahmen grosso modo somit einen wichtigen positiven Beitrag im Pandemiemanagement geleistet haben.“ (JF)
Korrektur 25. Oktober 2022: Ursprünglich hatte es im Artikel gehießen: „Viele Maßnahmen, die gegen die Ausbreitung des Covid19-Virus ergriffen wurden, hatten gar keinen oder nur einen geringen Effekt. Zu diesem Schluß kommt ein Evaluierungsbericht, den eine Expertenkommission im Auftrag der Bundesregierung am Donnerstag vorstellte.“ Das Fazit wurde ergänzt.