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Parteitag: CDU-Chef Merz plagt die Frauenquote: „Zu lasch, zu blaß“

Parteitag: CDU-Chef Merz plagt die Frauenquote: „Zu lasch, zu blaß“

Parteitag: CDU-Chef Merz plagt die Frauenquote: „Zu lasch, zu blaß“

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bei einer Sitzung des Bundesvorstands seiner Partei neben CDU-Vize Silvia Breher. Sie befürwortet die Frauenquote, mit der sich Merz nun beim Parteitag in Hannover herumschlagen muß. Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bei einer Sitzung des Bundesvorstands seiner Partei neben CDU-Vize Silvia Breher. Sie befürwortet die Frauenquote, mit der sich Merz nun beim Parteitag in Hannover herumschlagen muß. Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bei einer Sitzung des Bundesvorstands seiner Partei neben CDU-Vize Silvia Breher. Sie befürwortet die Frauenquote, mit der sich Merz nun beim Parteitag in Hannover herumschlagen muß. Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Parteitag: CDU-Chef Merz plagt die Frauenquote
 

„Zu lasch, zu blaß“

Kurz vor dem CDU-Parteitag in Hannover werden Grabenkämpfe innerhalb der Union zur geplanten, parteiinternen Frauenquote sichtbar. Das Thema könnte zum zentralen Streitpunkt der Versammlung werden.
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Am liebsten wäre es Friedrich Merz gewesen, wenn er sich mit dem Thema gar nicht erst beschäftigen müßte. Doch an diesem Wochenende muß er es tun. Tausend Delegierte der CDU kommen nach Hannover, um erstmals nach drei Jahren Corona-Abstinenz einen Präsenz-Parteitag abzuhalten. Und der gerade etwas mehr als neun Monate im Amt befindliche Vorsitzende aus dem Sauerland muß sich mit einer Hinterlassenschaft aus der Merkel-Ära auseinandersetzen: der Frauenquote.

Unter seiner Vor-Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer war diese in einer Satzungskommission erarbeitet worden. Jedes Vorstandsgremium ab Kreisebene muß demnach zu 50 Prozent mit Frauen besetzt sein. Gibt es nicht genug weibliches Personal, könnten künftig Vorstandsämter sogar unbesetzt bleiben. Die Frauen-Union rund um deren linkslastige Vorsitzende Annette Widmann-Mauz sah sich kurz vor ihrem Ziel, als Corona den Unionsfeministinnen einen Strich durch die Rechnung machte. Denn um die Frauenquote in der CDU beschließen zu können, müssen die Statuten der Partei geändert werden. Und das geht nur auf einem Parteitag mit real anwesenden Delegierten.

Vorstands-Mehrheit der Merkelianern

Im Juni dieses Jahres erinnerten die Quoten-Befürworter im CDU-Bundesvorstand ihren neuen Vorsitzenden an die Entwürfe der Satzungskommission. Merz galt eigentlich als Quoten-Gegner, hat aber ein Problem: Der Bundesvorstand besteht auch noch nach seiner Wahl mehrheitlich aus Merkelianern, die die Änderungen nun mit aller Macht durchsetzen wollen.

Merz erwirkte einen Kompromiß: Die Quote soll 2023 erstmal lediglich 30 betragen, ein Jahr später 40 Prozent. Erst ab dem Jahr 2025 sollen es 50 Prozent sein, befristet auf vier Jahre. Dann soll der Bundesvorstand prüfen, ob sie überhaupt etwas gebracht hat. Heißt: Nach vier Jahren Geschlechterparität wird die Quote ohnehin wieder abgeschafft. Es sei denn, sie hätte tatsächlich zu einem signifikanten Anstieg des Frauenanteils in der CDU beigetragen. Doch daran glaubt hinter den Kulissen kaum jemand.

„Besonders die Frauen-Union sieht natürlich langsam ihre Felle davonschwimmen“ , sagt ein Insider der JUNGEN FREIHEIT. Lange Jahre diente die Organisation Angela Merkel als Palastwache zur Machtabsicherung. Nach dem Abgang der Altkanzlerin von der politischen Bühne und der Wahl von Friedich Merz droht ihr Einfluß zu schwinden. Eine Frauenquote hingegen würde die Position wieder stärken. „Es geht um Macht und Einfluß. Und um Angst vor einer Wahl“, sagen niedersächsische Delegierte der JF.

Frauenquote in der CDU umstritten

Der Hintergrund: Besonders der niedersächsische CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann fürchtet Nachteile im Wahlkampf, sollte sich die Union einer Quote verweigern. „Totaler Quatsch. Den Wähler interessieren unsere Parteiinterna nicht die Bohne“, ärgert sich ein niedersächsisches Mitglied über die Hasenfüßigkeit seines Landesvorsitzenden. Hinter vorgehaltener Hand steigt die Unzufriedenheit unter Funktionären der Niedersachsen-CDU schon seit längerem. „Zu lasch, zu blaß, zu wenig Attacke“ lauten die Vorwürfe aus den eigenen Reihen. „Gerade die Niedersachsen-SPD mitsamt Stephan Weil ist bis über beide Ohren in den Gazprom-Filz verstrickt, und unser Spitzenkandidat kommt mit der Quote, die kaum einer in der Bevölkerung will, noch braucht noch versteht.“ Vor allem an der Basis seien angesichts von Energiekrise, Inflation und Kriegssorgen viele genervt von einer solchen Debatte.

Pikant für Althusmann: Ausgerechnet aus seinem Landesverband kommt Widerstand gegen das feministische Projekt. So hat der Kreisverband Vechta auf dem Parteitag einen Antrag eingebracht, der die Streichung der vom Bundesvorstand geplanten Quoten-Regelung vorsieht. Vechta ist einer der größten Kreisverbände in Niedersachsen. Und interessanterweise auch der Kreisverband von CDU-Vizechefin Silvia Breher, einer entschiedenen Quoten-Befürworterin und Verfechterin einer linkslastigen Familienpolitik.

Ein Antrag in die gleiche Richtung kommt auch aus dem ostfriesischen Kreisverband Leer. Dem Heimatverband von Gitta Connemann, Bundesvorsitzende der Mittelstandsvereinigung (MIT) und erklärte Quoten-Gegnerin. Auch die MIT hat auf dem Bundesparteitag einen Ablehnungsantrag gestellt.

„Nur noch die eigene Karriere im Kopf“

Und noch eine Initiative aus Niedersachsen dürften Althusmann und Breher nicht gefallen: Der Kreisverband Göttingen hatte auf seiner Mitgliederversammlung am vergangenen Wochenende eine Befragung seiner Basis beschlossen. Im Vorfeld hatte die Frauen-Union des Kreisverbands stark mobilisiert, wollte ein Stimmungsbild der Mitglieder unter allen Umständen verhindern. Sogar Ex-Landesgeneralsekretär Hartwig Fischer mußte als Redner gegen eine Befragung herhalten. Vergeblich. Mit knapper Mehrheit von 64 zu 61 Stimmen setzten sich die Befürworter durch, das Ergebnis der Befragung stand bis Redaktionsschluß noch nicht fest.

Auch im baden-württembergischen CDU-Kreisverband Ravensburg sprachen sich die Mitglieder für eine Mitgliederbefragung aus. Das Ergebnis ist vielsagend: 80 Prozent votierten gegen die Quote. Noch bezeichnender: Eine Extra-Umfrage des Kreisverbands unter seinen weiblichen Mitgliedern. Hier stieß das linke Projekt sogar auf 90 Prozent Ablehnung. Doch während Kreisverbände die Meinung ihrer Mitglieder einholen, scheut der CDU-Bundesvorstand einmal mehr das Votum der Basis, lehnte eine bundesweite Befragung ab.

Die Basis reagierte auf ihre Weise. Die JU-Frauen organisierten einen Mitglieder-Antrag. Das dafür erforderliche Quorum von 500 unterstützenden Mitgliedern war bereits nur einen Tag nach Veröffentlichung des Antrags auf der CDU-Homepage erreicht. Innerhalb der Jungen Union hat sich inzwischen eine „Quote stoppen“-Initiative gegründet, nachdem sich ihr Bundesvorsitzender Tilman Kuban bei der Debatte weggeduckt hatte. Nicht wenige bis hinauf in den JU-Bundesvorstand nehmen ihm das übel. „Der hat nur noch seine eigene Karriere im Kopf“, kritisieren einige.

Merz könnte von Söder lernen

Am vergangenen Wochenende feierte die Junge Union ihr 75jähriges Bestehen an ihrem Gründungsort im hessischen Königstein/Taunus. Anhänger der „Quote stoppen“-Initiative um den Schüler Oliver Häusler aus dem baden-württembergischen JU-Ortsverband Filder hatten dort Kuban mit einem gleichnamigen Sticker in Empfang genommen und ihrem wenig glücklich dreinblickenden Bundesvorsitzenden auf dessen Hemd geklebt. Eine symbolische Geste, die die nach wie vor bestehende Kluft zwischen Basis und Bundesvorstand verdeutlicht.

Noch weitere Vorschläge der Satzungskommission sorgen für Unmut. Künftig soll der Evangelische Arbeitskreis der CDU von einer Sonderorganisation in den Status einer Vereinigung erhoben werden. Der Forderung, dann auch einen Katholischen Arbeitskreis als Vereinigung zuzulassen, möchte der Bundesvorstand hingegen nicht nachkommen. Offiziell, weil das dafür nötige Quorum, in acht Landesverbänden vertreten zu sein, nicht erreicht wird. Ferner sehen die Vorschläge der Kommission vor, die Lesben- und Schwulenunion als Sonderorganisation anzuerkennen. Die Christdemokraten für das Leben hingegen sollen diesen Status nicht erhalten. Besonders unter Konservativen sorgt das für zusätzliche Verärgerung.

Eine Stimmung, an die man sich in der Schwesterpartei CSU noch allzu gut erinnern kann. Denn als ihr Chef Markus Söder dort eine Quote durchsetzen wollte, machten ihm die Delegierten einen Strich durch die Rechnung. Diese Situation will sich Friedrich Merz möglichst ersparen.

JF 37/22

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bei einer Sitzung des Bundesvorstands seiner Partei neben CDU-Vize Silvia Breher. Sie befürwortet die Frauenquote, mit der sich Merz nun beim Parteitag in Hannover herumschlagen muß. Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler
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