KARLSRUHE. Alleinstehende Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, haben künftig Anrecht auf mehr Geld. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Praxis, ihnen die Sozialleistungen um zehn Prozent zu kürzen, nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Bisher erhielten Alleinstehende in Asylunterkünften weniger Leistungen, da der Gesetzgeber davon ausgeht, daß diese Personen weniger Geld benötigten, da „Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werden“.
Gesetzgeber legte keine Beweise vor
Die Karlsruher Richter urteilten nun, es lägen keine Beweise dafür vor, daß die betroffenen Personen wirklich weniger Geld benötigten: „Die Erwägung, beim notwendigen Bedarf an Nahrung könne eingespart werden, etwa indem Lebensmittel oder zumindest der Küchengrundbedarf in größeren Mengen gemeinsam eingekauft und in den Gemeinschaftsküchen gemeinsam genutzt werde, wird nicht auf Tatsachen gestützt.“
Geklagt hatte ein 2014 nach Deutschland eingereister Asylbewerber aus Sri Lanka. Nach Ablehnung seines Asylantrags im Jahr 2017 war er von November 2019 bis Februar 2020 in einer Sammelunterkunft untergebracht, im Besitz einer Duldung und vollziehbar ausreisepflichtig. In der Gemeinschaftsunterkunft erhielt er weniger Geld als andere Personen, die einer Arbeit nachgingen und klagte zunächst erfolglos gegen die Kürzung seiner Leistungen.
Mit der Entscheidung erhalten alle Asylsuchenden, die von der Leistungskürzung betroffen waren, rückwirkend zum September 2019 den vollen Satz von 367 Euro statt 330 Euro. (ho)