MAINZ. Als an der Ahr die Wassermassen 134 Menschen töteten und tausende obdachlos machten, fuhr die damalige rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel in einen vierwöchigen Familien-Urlaub nach Südfrankreich. Damit ihre lange Abwesenheit nicht allzu sehr auffiel, kam die Grüne für ein paar Stunden ins Katastrophengebiet. Für diesen Kurztrip rechnete die inzwischen zurückgetretene Bundesfamilienministerin mehr als 700 Euro an Zug- und Taxifahrten ab. Zahlen muß der Steuerzahler.
Es war ein öffentlichkeitswirksamer Termin. Mitten im Bundestags-Wahlkampf ließ sich eine erschüttert dreinblickende Umweltministerin im Hochwassergebiet blicken. Was die fleißig fotografierenden Journalisten an diesem 10. August 2021 nicht wußten: Anne Spiegel schaute nur sehr kurz vorbei. Sofort danach ging es zum Urlauben zurück nach Frankreich.
Ein Skandal nach dem anderen
Der PR-Trip des früheren Mitgliedes des Scholz-Kabinetts kostete 701,30 Euro, den sie sich von der Staatskasse erstatten ließ. Das gab gestern Abend die heutige rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) auf eine parlamentarische Anfrage der CDU bekannt. Auch um Hin- und Rückfahrt zum Fotoshooting inmitten zerstörter Gebäude mußte sich Anne Spiegel nicht kümmern. Die Reisebuchung habe das zuständige Referat im Umweltministerium in Mainz erledigt, hieß es.
Anne Spiegel hatte ihr Amt in der Bundesregierung nach einer Reihe von Versäumnissen niederlegen müssen. Zunächst war in einem Untersuchungsausschuß bekannt geworden, daß sie am Abend der Flut ihr Telefon ausschaltete und privat ein Restaurant aufsuchte. Vor der heraufziehenden Katastrophe hatte ihr Ministerium die Menschen nicht gewarnt, obwohl entsprechende Meldungen vorlagen. Ihr langer Frankreich-Urlaub brach ihr dann endgültig politisch das Genick. Nachfolgerin als Familienministerin ist ihre Parteifreundin Lisa Paus. (fh)