BERLIN. Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD haben sich darauf geeinigt, den Entwurf für deutschlandweite Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie etwas zu entschärfen. Die sogenannte Bundesnotbremse werde kommen, allerdings mit nicht ganz so strengen Vorgaben.
In den Tagen zuvor hatte die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes deutschlandweit für Kontroversen gesorgt. Der Gesetzentwurf werde dahingehend geändert, daß die Ausgangssperre zeitlich eine Stunde nach hinten verschoben wird. Gleichzeitig wurde ein niedriger Inzidenzwert festgelegt, ab dem der Präsenzunterricht in Schulen wieder eingestellt wird. Zudem wurde dem Bundestag ein Zustimmungsrecht für künftige Änderungen oder Verlängerungen des Infektionsschutzgesetzes eingeräumt.
Bundestag hat Zustimmungsvorbehalt
Ziel des Gesetzesvorhabens ist es, Einschränkungen des öffentlichen Lebens bundesweit einheitlich zu regeln. Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Stadt oder einem Landkreis zukünftig drei Tage hintereinander über 100 Fällen pro 100.000 Einwohner, sollen dort jeweils die vom Bund beschlossenen Regeln gelten. Alle Regelungen sind erst einmal bis zum 30. Juni befristet.
Der Bundestag wird am Mittwoch voraussichtlich über die Änderung des Infektionsschutzgesetzes abstimmen. Dann muß das Gesetz noch den Bundesrat passieren. Neu ist nach der jüngsten Änderung auch, daß die Bundesregierung keine Verordnungen zur Eindämmung der Pandemie am Bundestag vorbei erlassen kann. „Der Bundestag muß zustimmen. Ohne jedwede Vorbehalte oder Bedingungen“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese gegenüber der WirtschaftsWoche. Das sei für seine Fraktion in den Verhandlungen mit der Union der entscheidende Punkt gewesen.
Darauf verwies auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, in einer Stellungnahme am Montag. Der Bundestag habe nun einen Zustimmungsvorbehalt im Entwurf für das Bundesgesetz. „Der Bundestag entscheidet mit darüber, wenn nun Verordnungen in der nächsten Zukunft getroffen werden, zum Beispiel neue Entscheidungen für geimpfte Personen.“
Recht auf Homeoffice und Tests
Mützenich betonte zudem, seiner Partei sei es zu verdanken, daß die Arbeitnehmer und ihre Rechte in den Mittelpunkt gerückt würden. So sei eine Homeoffice-Pflicht ins Infektionsschutzgesetz aufgenommen worden. Zudem hätten Arbeitnehmer das Recht, sich zwei Mal pro Woche testen zu lassen, wenn sie an den Arbeitsplatz kommen müßten.
Folgende geplante Änderungen haben die Beratungen ergeben:
Die Ausgangssperre soll, wenn sie verhängt wird, nun von 22 bis 5 Uhr morgens gelten, anstatt wie bisher ab 21. Uhr. Joggen und Spaziergänge sollen nun bis Mitternacht erlaubt sein, allerdings nur alleine.
Im Einzelhandel soll das Abholen bestellter Waren (Click & Collect) auch bei hohen Infektionszahlen weiterhin möglich sein. Sollte die Bundesnotbremse allerdings gezogen werden, müssen alle Geschäfte schließen. Ausgenommen sind Länden für den täglichen Bedarf (Supermärkte, Apotheken, Tankstellen).
Schulen: Distanzunterricht soll ab einem Inzidenzwert von 165 verpflichtend sein. Zuvor sollte dies ab einem Wert von 200 gelten.
Sport: Für Kinder im Alter bis 14 Jahren soll Sport in Gruppen weiter möglich sein.
Arbeitgeber müssen zwei Corona-Tests pro Woche für Arbeitnehmer bereitstellen, wenn diese nicht im Homeoffice sind. (hl)