BERLIN. Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat die Beobachtung der AfD durch seine ehemalige Behörde als falsch bezeichnet. „Ich halte es nicht für richtig, daß politische Parteien wie zum Beispiel die AfD beobachtet werden“, sagte Maaßen im Interview mit JF-TV.
Generell sei er der festen Überzeugung, daß der Verfassungsschutz keine Parteien in Deutschland beobachten sollte. „Das macht eigentlich kein Inlandsgeheimdienst Europas, vielleicht noch mit Ausnahme des österreichischen Dienstes. Aber ansonsten ist die Beobachtung von Parteien, die zugelassen sind, grundsätzlich nicht Sache eines Inlandsgeheimdienstes“, unterstrich Maaßen.
Er habe seinerzeit auch die Beobachtung der Linkspartei abgeschaltet. „Sie ist nicht weiter beobachtet worden. Nicht weil das keine extremistische Partei war, sondern weil ich und Innenminister Hans-Peter Friedrich damals entschieden hatten, wir müssen Prioritäten setzten. Terrorismusbekämpfung und Spionagebekämpfung sind wichtiger als die Beobachtung von politischen Parteien.“
AfD wehrt sich gegen Beobachtung
Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg #Maaßen gegen geheimdienstliche Beobachtung der #AfD pic.twitter.com/6iuE2q1Sr6
— Junge Freiheit (@Junge_Freiheit) September 23, 2021
Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die AfD als Verdachtsfall. Durch eine solche Einstufung kann die Behörde eigentlich nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, darunter die Überwachung des E-Mail-Verkehrs oder das Einsetzen von V-Leuten. Da die aber AfD juristisch gegen die Einstufung sowie Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang vorgeht, ist der Behörde der Einsatz solcher Mittel bis zur Entscheidung des Verfahrens untersagt.
Es war jedoch Haldenwangs Vorgänger Maaßen, der vor drei Jahren dafür sorgte, daß sich der Inlandsgeheimdienst mit der AfD befaßte. „Die Überprüfung der AfD durch den Verfassungsschutz hatte ich selbst im Frühjahr 2018 veranlaßt. Allerdings hatte ich aus juristischen Gründen davon abgesehen, das öffentlich zu kommunizieren“, sagte Maaßen im Mai 2019 im Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung.
SPD, Grüne und FDP kritisieren Maaßen und CDU-Spitze
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, äußerte scharfe Kritik an Maaßens Äußerungen. „Mit jedem Tag schreitet die Selbstradikalisierung Hans-Georg Maaßens weiter voran. Es ist traurig zu beobachten, wie sich ein ehemaliger deutscher Spitzenbeamter immer weiter in seinem geschlossenen Weltbild einmauert“, sagte Kuhle der Welt.
Der CDU-Kandidat ziehe auch die Tätigkeit seiner ehemaligen Kollegen in den Schmutz. „Bei aller Kritik, die man an den Verfassungsschutz-Behörden üben kann – ohne die Beobachtung extremistischer und gewaltverherrlichender Parteien wäre unsere wehrhafte Demokratie ein Stück zahnloser.“
Die stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende der SPD, Dirk Wiese, kritisierten den Umgang der CDU-Spitze mit der Personalie Maaßen. „Armin Laschet hat weder die Kraft noch das Interesse, die CDU von Rechtsaußen-Maaßen abzugrenzen, um selbst Stimmen bei der AfD abzuwerben. Ein schlimmer Fehler“, sagte Wiese der Welt.
Der Vize-Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, betonte: „Es ist ein Fiasko für die Verantwortlichen in der CDU, daß man es vor Monaten versäumt hat, diesem unsäglichen Treiben Einhalt zu gebieten.“ (krk/ls)
Anmerkung: In einer früheren Version hieß es, der Verfassungsschutz dürfe die AfD bereits unter dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel überwachen. Das ist nicht richtig. Wir haben den Absatz daher korrigiert.