WEIMAR. Das Paritätsgesetz in Thüringen ist verfassungswidrig und daher nichtig. Dies hat der Verfassungsgerichtshof in Weimar am Mittwoch entschieden. Das am 1. Januar in Kraft getretene Gesetz sah vor, daß bei künftigen Wahlen die Landeslisten der Parteien abwechselnd mit Männern und Frauen zu besetzen sind. Gegen das Paritätsgesetz hatte die Fraktion der AfD im Landtag von Erfurt eine Normenkontrollklage eingereicht, die mit der Entscheidung vom heutigen Mittwoch Erfolg hatte.
Die Mehrheit der Richter monierte in ihrem Urteil, das Gesetz beeinträchtige das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl. Der Verfassung des Freistaats zufolge müsse die Willensbildung des Volkes staatsfern erfolgen. Ob ein Landtag mehr Frauen oder mehr Männer enthalten soll, müsse den Wählern überlassen bleiben. Mit seinen Bestimmungen für eine Quotierung durch abwechselnd nach Geschlecht zu besetzenden Listenplätzen schränke das Paritätsgesetz zudem die Entscheidungsfreiheit der Parteimitglieder unzulässig ein.
Murswiek sieht Verletzung der Chancengleichheit
Unser Antrag hat Erfolg. Das #Paritätsgesetz und die damit verbundene #Zwangsquote sind in #Thüringen Geschichte. #R2G ist des Verfassungsbruchs überführt.
— Stefan Möller (@MoellerAfD) July 15, 2020
Das Verfassungsgericht bestätigte damit in wesentlichen Punkten die Argumentation des Verfahrensbevollmächtigten der Thüringer AfD-Fraktion, Dietrich Murswiek. Dieser hatte bereits nach der mündlichen Verhandlung gegenüber der JUNGEN FREIHEIT festgestellt, daß das Paritätsgesetz undemokratisch sei, da „die Staatsgewalt vom Volke ausgeht, nicht von separaten Gruppen“. Der Staatsrechtler verwies außerdem auf die Verletzung gegen die Chancengleichheit der Parteien. „Denn Parteien mit relativ wenigen weiblichen Mitgliedern haben große Schwierigkeiten, die Liste paritätisch zu besetzen.“
Höcke: Sieg für Demokratie und Verfassungsstaat
Der Thüringer AfD-Fraktions- und Landeschef Björn Höcke reagierte mit Genugtuung auf die Entscheidung. „Das Gesetz stellte einen Versuch dar, mittels Quotenregelungen den politischen Wettbewerb zugunsten des rot-rot-grünen Lagers zu verzerren“, teilte Höcke am Mittwoch mit.
„Das Urteil ist nicht nur ein bedeutender Sieg für die Thüringer AfD-Fraktion, sondern vor allem für die Demokratie und den Verfassungsstaat. Und es ist eine Niederlage jener Ideologen, die glauben, sich über Recht und Gesetz hinwegsetzen zu können.“
Thüringen ist das erste Bundesland, in dem eine solche juristische Grundsatzentscheidung getroffen wurde. Daß das Paritätsgesetz im Freistaat für nichtig erklärt wurde, könnte sich als Präzedenzfall erweisen und Auswirkungen auch auf andere Bundesländer haben. So will etwa in Brandenburg das Verfassungsgericht noch dieses Jahr über das dortige Paritätsgesetz verhandeln. Gegen das Ende Januar 2019 beschlossene Gesetz hatten die AfD, die Piratenpartei und die NPD geklagt. (ha/vo)