BRAUNSCHWEIG. Der Bundestagsabgeordnete Jens Kestner ist am Sonnabend zum Landesvorsitzenden der AfD Niedersachsen gewählt worden. Kestner setzte sich auf einem Parteitag in Braunschweig mit 278 Stimmen (52 Prozent) in einer Stichwahl im zweiten Wahlgang gegen die bisherige Amtsinhaberin und Landtagsfraktionsvorsitzende Dana Guth durch, die 248 Stimmen (46 Prozent) erhielt.
Insgesamt hatten sich zunächst fünf Kandidaten für die Parteitspitze des rund 2.600 Mitglieder starken Verbandes beworben: neben Guth und Kestner auch der Bundestagsabgeordnete Dietmar Friedhoff sowie die beiden Landtagsabgeordneten Stephan Wirtz und Christopher Emden. Letzterer wurde zum ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Kestner hatte dem bisherigen Landesvorstand unter Guth vorgeworfen, die Partei nur verwaltet zu haben. Es herrsche Lethargie und Stagnation, die Landespartei müsse sichtbarer werden. Nach seiner Meinung sei die Wahl nicht nur eine Personalfrage, sondern eine Richtungsentscheidung.
Interne Spannung bei Grußworten von Parteichefs
Die bisherige Vorsitzende Guth hatte in ihrer Bewerbungsrede einen innerparteilichen Wahlkampf beklagt, in dem die Grenzen des Anstands überschritten worden seien. Wenn dies weitergehe, sei dies das Ende der Partei. Sie warb für ihrer Wiederwahl mit der Aufforderung, „mitten im Rennen nicht die Pferde zu wechseln“. Die Versöhnung in der Partei könne nicht einer einzigen Person gelingen, sondern dafür komme sie auf das Mitwirken aller an. Ihre Kritiker im Saal mahnte sie, „mit Buh-Rufen schafft man keinen Frieden“.
Herzlichen Glückwunsch an @KestnerJens zur Wahl zum Landessprecher der #AfD #Niedersachsen! Alles Gute und eine glückliche Hand bei den kommenden Herausforderungen. Sturmfest und erdverwachsen!
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) September 12, 2020
Bereits in den Grußworten kam die interne Spannung zum Ausdruck. Während Parteichef Jörg Meuthen in erster Linie betonte, die AfD müsse sich als die bürgerliche freiheitlich-konservative Alternative zu den Altparteien positionieren, betonte sein Co-Vorsitzender Tino Chrupalla, auch die „Sozial-Patrioten“ gehörten dazu und warnte vor „Ausschließeritis“ und „Anpasseritis“.
Linksradikale blockieren Zufahrten
Vor der Vorstandsneuwahl hatten nach einem Appell an die Geschlossenheit der Partei die Mitglieder beschlossen, neben dem bis dahin amtierenden Landesvorstand auch dessen Vorgänger zu entlasten. Der war nach langen internen Auseinandersetzungen und wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten 2018 vom Bundesvorstand abgesetzt worden.
Am Morgen hatten linke Protestierer an mehreren Stellen die Zufahrten zur Tagungshalle behindert. Teilnehmer des AfD-Parteitags berichteten davon, daß bei der Anfahrt ihre Autos von Gegendemonstranten beschädigt, Türen aufgerissen und die Fahrzeuginsassen bedroht wurden.
#bs1209 | Zwangsanwendungen ❌
Derzeit kommt es vereinzelt zu Zwangsanwendungen und dem Einsatz von Polizeihunden.
Unser wichtiger Appell: Folgen Sie unbedingt den Aufforderungen der Polizei!*msk
— Polizei Braunschweig (@Polizei_BS) September 12, 2020
Die Polizei war mit mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Polizei warf den Demonstranten vor, Auflagen nicht einzuhalten und Rettungswege zu blockieren, weshalb sie das Gespräch mit den Verantwortlichen der Kundgebungen gesucht habe. Als dies zu keiner Lösung geführt habe, seien Beamte mit Diensthunden, Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Linksradikalen vorgegangen. Auch eine Reiterstaffel sei zu Einsatz gekommen.
Laut Polizei beteiligten sich rund 1.000 Personen an den Demonstrationen gegen die AfD. Das Tagungsgelände des Parteitags war weiträumig abgesperrt. (vo/ls)