BERLIN. Das Landgericht Berlin hat am Freitag einen Eilantrag des Ex-AfD-Politikers Andreas Kalbitz über seine Parteimitgliedschaft abgewiesen. Damit bleibt der frühere Brandenburger Landeschef aus der Partei ausgeschlossen. Das Bundesschiedsgericht der AfD hatte Ende Juli die Annullierung der Parteimitgliedschaft des 47jährigen durch den Bundesvorstand bestätigt.
Das oberste Parteigremium hatte den De-facto-Rauswurf Kalbitz’ im Mai damit begründet, daß er bei seinem Eintritt in die AfD eine frühere Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) und bei den Republikanern verschwiegen habe.
Mit einem Eilantrag vor dem Landgericht wollte Kalbitz erreichen, daß er seine Rechte als AfD-Mitglied bis zu der rechtskräftigen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren wieder wahrnehmen darf. Dieses wird allerdings erst für das kommende Jahr erwartet. Kalbitz galt als führender Kopf des mittlerweile aufgelösten „Flügel“. Der Verfassungsschutz stuft den Politiker als „erwiesenen Rechtsextremisten“ ein.
Meuthen und Chrupalla rufen zur Einigkeit auf
AfD-Chef Jörg Meuthe lobte die Entscheidung und sagte mit Blick auf die parteiinternen Kritiker an dem Ausschluß: „Damit ist sämtlichen auch intern von einigen geäußerten Zweifeln an der Rechtmäßigkeit unseres Vorgehens in der Causa Kalbitz endgültig jede Basis entzogen.“ Er sei überzeugt, „daß mit dem Schlußstrich unter diese für unsere Partei zwar belastende, aber notwendige Auseinandersetzung nun auch wieder Ruhe einkehrt und wir mit neuer Geschlossenheit in das Wahljahr 2021 gehen werden“.
Auch AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla äußerte sich zu der Gerichtsentscheidung und appellierte an die Partei, sich nicht spalten zu lassen. „Jetzt droht eine lange juristische Auseinandersetzung, die ich der Partei gerne erspart hätte. Darum ist es umso wichtiger, sich nun nicht auseinanderdividieren zu lassen und den Blick nach vorne zu richten.“ Die AfD stünde vor einem wichtigen Wahljahr. „Darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren.“
Kritischer bewertete AfD-Fraktionschef Alexander Gauland die neuesten Ergebnisse. „Das Gericht hat heute noch keine Entscheidung in der Hauptsache getroffen. Ich bin nach wie vor der Auffassung, daß der vom Bundesvorstand eingeschlagene Weg der rückwirkenden Aberkennung der Parteimitgliedschaft von Herrn Kalbitz juristisch nicht sauber ist. Die von Jörg Meuthen nun beklagte Unruhe in der Partei hätte im Vorfeld vermieden werden können.“
Der Fall war bereits Mitte Juni vor dem Berliner Landgericht gelandet. Dieses entschied damals, daß Kalbitz vorläufig in allen Funktionen weiter in der Partei tätig bleiben dürfe, bis das Parteischiedsgericht über die Angelegenheit befunden habe.
Kalbitz hatte damals in zwei eidesstattlichen Versicherungen erklärt, nicht Mitglied der mittlerweile verbotenen HDJ gewesen zu sein. Der Bundesverfassungsschutz schrieb hingegen in einem Gutachten, die HDJ habe eine „Familie Andreas Kalbitz“ unter der Mitgliedsnummer „01330“ geführt.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Kalbitz
Wie am Mittwoch bekannt wurde, sieht sich der Politiker im Zusammenhang mit seinen eidesstattlichen Erklärungen mit Ermittlungen konfrontiert. Es existierten „derzeit konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit seiner Angaben vor dem Landgericht Berlin“, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Berlin auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Ein Verfahren gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz gebe es nicht. Zuerst hatten der Spiegel und der RBB über die Ermittlungen berichtet.
Am Dienstag hatte Kalbitz seinen endgültigen Rückzug vom Fraktionsvorsitz im Potsdamer Landtag erklärt, den er zunächst nur hatte ruhen lassen. Zuvor waren Vorwürfe der fahrlässigen Körperverletzung gegen ihn bekannt geworden.
Kalbitz soll dem Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer Dennis Hohloch bei einer Begrüßung einen freundschaftlichen Schlag versetzt haben. Hohloch mußte anschließend wegen eines Milzrisses in einem Berliner Krankenhaus behandelt werden.
Nach Bekanntwerden des Vorfalls, zu dem es zwischenzeitlich deutlich unterschiedliche Angaben gegeben hatte, wurden weitere Vorwürfe durch einen AfD-Bundestagsabgeordneten, einen ehemaligen Landtagsabgeordneten und einen Ex-Mitarbeiter der Landtagsfraktion bekannt. Demnach soll Kalbitz schon mehrfach Parteifreunde geschlagen haben und durch exzessiven Alkoholkonsum aufgefallen sein. (ls)