BERLIN. Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) hat sich dafür ausgesprochen, sogenannte Tracking-Apps im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus einzusetzen. Eine solche Software auf Mobiltelefonen sei „sinnvoll, um das Virus zielgerichtet einzudämmen“, sagte Bär am Freitag dem Handelsblatt. Innerhalb der Bundesregierung gebe es bereits entsprechende Überlegungen.
„Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung jetzt nutzen, um die Krise zu überwinden“, forderte die CSU-Politikerin. Mit Hilfe des Programms könnten die Kontaktpersonen eines Infizierten ermittelt werden. Datenschutzrechtliche Bedenken wies Bär zurück, da der Nutzer mit dem Herunterladen der App der Datennutzung zustimme. Erst vor kurzem hatte das Bundesjustizministerium Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Absage erteilt, personenbezogenes Nachverfolgen über Handydaten zu nutzen.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag meldete, sagten mehrere europäische Telekomunternehmen der EU-Kommission zu, solche Lokalisierungsdaten von Smartphones nutzen zu dürfen. Unter den Netzbetreibern befindet sich neben der A1 Telekom Austria und der Telecom Italia auch die Deutsche Telekom.
Robert-Koch-Institut arbeitet an App
In Südkorea, China, Singapur, Taiwan und Israel werden Agenturberichten zufolge bereits Ortungsdaten von Handys auf verschiedene Weise verwendet, um den Bewegungen von Covid-19-Erkrankten zu folgen. In Südkorea etwa erlaubte es das dortige Infektionsschutzgesetz dem Gesundheitsministerium, private Daten von nachweislich und möglicherweise Erkrankten zu sammeln. Mit den Bewegungsprofilen sollen Infektionsketten möglichst umfangreich rekonstruiert werden.
In Deutschland arbeitet unter anderem das Robert-Koch-Institut (RKI) zusammen mit dem Fraunhofer-Institut an einer App, mit der Smartphone-Nutzer herausfinden sollen, ob sie Kontakt mit Infizierten hatten. „Wenn Sie sich vorstellen, daß es möglich wäre, anhand einer bestimmten Applikation herauszufinden, wer denn in den letzten Wochen in einer bestimmten Entfernung und einer bestimmten Zeit in dieser Entfernung gewesen wäre, dann wäre das natürlich zielgenauer, diese Person direkt zu kontaktieren“, teilte RKI-Chef Lother Wieler vor wenigen Tagen mit.
Während mehrere Datenschützer die Nutzung solcher Informationen wie in Israel oder China kritisierten, sagte der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski, die geplante Verwendung im Sinne der EU-Kommission verletze keine europäischen Gesetze. Allerdings müsse die Behörde klar definieren, welche Informationen sie von den Providern benötige und welche nicht. Außerdem müsse die Öffentlichkeit über Art und Umfang der Weitergabe informiert und der Zugang zu den anonymisierten Datenpaketen beschränkt werden. (ls)