FRANKFURT/MAIN. Das Frankfurter Landgericht hat Bahnfahrkarten beanstandet, bei denen die Kunden nur zwischen der Anrede Herr oder Frau wählen können. Dies sei diskriminierend für Menschen, die sich keinem der beiden Geschlechter zugehörig fühlten. Unternehmen müßten auch eine geschlechtsneutrale Option anbieten, teilte das Gericht am Donnerstag mit.
Eine Person, die ihre Geschlechtsidentität als „nicht-binär“ angab, hatte die Deutsche Bahn verklagt. Die Frankfurter Richter gaben ihr nun Recht. Das staatliche Unternehmen habe das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden verletzt. „Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsidentität ist nach allgemeinem Verständnis die Anredeform von zentraler Bedeutung“, heißt es in der Begründung.
Die klagende Person habe zwar keine Änderung im Personenstandsregister vorgenommen, das sei aber unerheblich. Das Recht auf eine Anrede, die der geschlechtlichen Identität entspreche, beginne nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits bei der gefühlten Geschlechtsidentität, verdeutlichten die Richter.
Richter empfehlen „Guten Tag“
Ein Anspruch auf eine Geldentschädigung, wie sie der Kunde gefordert hatte, bestehe aber nicht. Die Bezeichnung als „Herr“ in einem einzelnen Rechnungsschreiben sei nicht böse gemeint gewesen, sondern nur „Reflex massenhafter Abwicklung standardisierter Vorgänge“. Das Gericht empfehle dem Unternehmen, gänzlich auf die geschlechtsspezifische Anrede zu verzichten oder eine neutrale Grußformel wie „Guten Tag“ zu nutzen.
Ihr Unternehmen verfolge einen „breiten Diversity-Ansatz“, bekräftigte die Deutsche Bahn gegenüber der „Hessenschau“. Eine Umstellung auf eine geschlechtsneutrale Anrede sei aber sehr aufwändig. (zit)