KARLSRUHE. Bürger mit einer gerichtlich bestellten Betreuung müssen bereits zur EU-Parlamentswahl Ende Mai wählen dürfen. Das Bundesverfassungsgericht entschied am Montag, daß die bislang geltenden Wahlausschlüsse für Personen mit geistiger Behinderung, psychiatrischer Erkrankung oder für Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Klinik sitzen, nicht anzuwenden sind.
Die Linkspartei, die Grünen und die FDP hatten einen Eilantrag in Karlsruhe gestellt, damit die Betroffenen an der Wahl am 26. Mai teilnehmen können. Für eine Teilnahme müssen sie allerdings einen gesonderten Antrag stellen. Eine Begründung gab das Gericht am Montag noch nicht ab.
Es hatte bereits zuvor entschieden, daß der Wahlausschluß gegen die Verfassung verstoße. Die Bundestagsmehrheit beschloß daraufhin, das Wahlrecht den Vollbetreuten erst nach der EU-Wahl zu geben.
Bundesinnenministerium warnt vor schnellen Änderungen
Für die drei Parteien sprach in der Verhandlung der Bevollmächtigte Rechtswissenschaftler Ulrich Hufeld. „Es ist nicht erklärbar, warum am 26. Mai verfassungswidriges Recht gelten soll“, sagte er laut der Nachrichtenagentur dpa. Wenn Betreute ausgeschlossen würden, sei das eine Falschbestimmung des Wahlvolks.
Kritik kam vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU). „Uns fehlt die Zeit zum Ändern der Wählerverzeichnisse.“ Eine Änderung könne jetzt mehr Schaden als Nutzen anrichten. Jedoch wolle man „ein inklusives Wahlrecht für alle“, betonte Mayer. (ls)