MÜNCHEN. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat vorgeschlagen, die Erstprüfungen von Asylanträgen an die EU-Außengrenzen zu verlagern. „Wir wollen künftig an den Außengrenzen der Europäischen Union entscheiden: Hat jemand Schutzbedarf, ja oder nein“, sagte Seehofer am Dienstag beim G6-Innenmininstertreffen in München, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Habe eine Person keinen Anspruch auf Asyl, solle die direkte Rückführung an den Außengrenzen mithilfe der EU-Grenzschutzorganisation Frontex erfolgen.
Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid sollen mittels eines Verteilmechanismus den EU-Ländern zugewiesen werden, in denen über die Verfahren dann endgültig entschieden werde. Seehofer will das neue System als Alternative zum Dublin-Verfahren einführen, das er als „gescheitert“ ansieht. „Dieses System funktioniert schon länger nicht mehr und kann daher keine Grundlage für die künftige Asylpolitik in der EU sein“, sagte Seehofer laut der Nachrichtenagentur dpa.
Pro Asyl wirft Seehofer Aushebelung des Rechtsstaats vor
Die Organisation „Pro Asyl“ warf dem Innenminister vor, durch die Prüfung der Anträge an den EU-Außengrenzen würde „der Rechtsstaat ausgehebelt“. Die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Ulla Jelpke, ging den Innenminister noch härter an. Seehofers Vorschlag bedeute „eine noch größere humanitäre Katastrophe und ein ‘weiter so’ mit der unsolidarischen Verteilungspolitik von Schutzsuchenden in Europa“. Jelpke nannte das „einfach nur abgrundtief widerwärtig“.
Zuspruch bekam Seehofer von der SPD. Der migrationspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, sagte der Welt: „Wir treten für ein europäisiertes Asylsystem ein, bei dem es auch Verfahren an den Außengrenzen gibt, aus denen dann Schutzbedürftige verteilt und andere zurückgeführt werden.“ Zum G6-Treffen kamen neben Seehofer auch die Innenminister Frankreichs, Italiens, Polens, Spaniens und Großbritanniens. (hr)