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BKA-Studie: Wo die Familienministerin irrt

BKA-Studie: Wo die Familienministerin irrt

BKA-Studie: Wo die Familienministerin irrt

Gewalt gegen Frauen (Symbolbild)
Gewalt gegen Frauen (Symbolbild)
Gewalt gegen Frauen (Symbolbild): Zahlen ins richtige Verhältnis setzen Foto: picture alliance/Photoshot
BKA-Studie
 

Wo die Familienministerin irrt

Am Dienstag stellte Familienministerin Franziska Giffey (SPD) eine Studie zur Gewalt in Partnerschaften vor. Die Zahlen darin sind alarmierend. Insbesondere Frauen werden bedroht, mißhandelt oder gar getötet. Das Thema Zuwanderung sei dabei kein entscheidender Faktor, erklärte die Ministerin. Doch eine genauere Untersuchung der Statistik beweist: Die Zahlen widersprechen Giffeys Einschätzung.
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Von einfacher Bedrohung, über Mißhandlungen bis hin zum Mord: Fast 140.000 Frauen und Männer sind im vergangenen Jahr Opfer von Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner geworden. Der Großteil der Betroffenen, rund 82 Prozent, ist weiblich, heißt es in der am Dienstag von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) vorgestellten „Kriminalstatistischen Auswertung zu Partnerschaftsgewalt 2017“ des Bundeskriminalamts (BKA).

„Häufiger als jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet“, teilte Giffey mit. „Diese Zahlen sind schockierend, denn sie zeigen: Für viele Frauen ist das eigene Zuhause ein gefährlicher Ort – ein Ort, an dem Angst herrscht.“ Die tatsächliche Zahl der Betroffenen dürfte jedoch deutlich höher sein, als in der Statistik erfaßt, unterstrich die Ministerin. Es sei davon auszugehen, daß nur etwa 20 Prozent der Geschädigten Hilfe suchten.

Zuwanderung soll kein entscheidender Faktor sein

Einer Behauptung jedoch widersprach Giffey am Dienstag vehement: Daß die Zuwanderung ein entscheidender Faktor bei der partnerschaftlichen Gewalt sei, könne keinesfalls bestätigt werden. Der überwiegende Teil der Täter, rund 67 Prozent Prozent, sei schließlich „biodeutsch“.

Ähnlich argumentierte auch die Süddeutsche Zeitung. „Eine große Debatte über Gewalt gegen Frauen gibt es eigentlich immer nur dann, wenn Menschen mit Migrationshintergrund beteiligt sind“, beklagte die Tageszeitung. Dabei würden die Zahlen der Kriminalstatistik ganz klar beweisen: „Mehr als zwei Drittel der Tatverdächtigen in Fällen häuslicher Gewalt sind Deutsche.“ Gewalt gegen Frauen sei also kein eingewandertes Problem.

Doch wie oft bei Kriminalstatistiken, werden die Zahlen weder von Giffey, noch von den meisten Medien ins richtige Verhältnis gesetzt. Denn natürlich ist die Zahl der Deutschen deutlich höher als bei anderen Nationalitäten, wenn knapp 87,2 Prozent der Bevölkerung hierzulande einen deutschen Paß besitzt. Betrachtet man jedoch den Anteil der jeweiligen Nationalitäten an den Straftaten und mißt ihn an der jeweiligen Bevölkerungszahl, ergibt sich ein deutlich anderes Bild.

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So leben in Deutschland nur rund 34.000 Tunesier (0,04 Prozent der Bevölkerung). Sie stellen aber 0,5 Prozent der Tatverdächtigen in den Kategorien Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution. Der Faktor ist somit, ähnlich wie bei Marokkanern, Afghanen oder Türken, um ein vielfaches höher als bei deutschen Straftätern.

Ein weiterer Unterschied: Während bei Deutschen 79 Prozent Männer und 21 Prozent Frauen als tatverdächtig gelten, liegt der Männeranteil unter Syrern bei knapp 93 Prozent, bei Türken wird er auf 89 Prozent beziffert. Gänzlich ausgeblendet in der Statistik wird der Anteil der Deutschen mit Migrationshintergrund, was immerhin auf 16,8 Millionen Menschen hierzulande zutrifft.

Auch ein Blick auf einzelne Kategorien der Statistik liefert genauere Erkenntnisse. Demnach gab es 2017 knapp 500 Fälle von „versuchtem und vollendetem Mord oder Totschlag“, wie es in der BKA-Studie heißt. Überproportional vertreten: Afghanen, Iraker und Syrer. In der seit vergangenem Jahr neu aufgeführten Kategorie Zwangsprostitution geht sogar die Hälfte der Straftaten auf das Konto von bulgarischen und rumänischen Tatverdächtigen.

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Giffey will Hilfseinrichtungen fördern

Die BKA-Statistik jedenfalls beweist: Gewalt in Partnerschaften, ganz gleich welcher ethnischer Herkunft, bleibt weiterhin ein ernstzunehmendes Thema – insbesondere die Gewalt gegen Frauen. Seit 2013 hat die Anzahl weiblicher Opfer konstant zugenommen (2013: 100.766 Personen; 2014 103.928 Personen; 2015: 104.290 Personen; 2016: 108.956 Personen). Um eine größere Unterstützung für die Betroffenen zu gewährleisten, will Familienministerin Giffey nun zahlreiche Hilfseinrichtungen fördern.

Die Zahl der Frauenhäuser soll mithilfe von Bundesmitteln erhöht werden. Ein „Programm zum Ausbau der Strukturen in dem Bereich“ werde bereits 2019 starten, versprach die 40jährige im ZDF-„Morgenmagazin“. Fest aber steht: Die Zahlen aus der BKA-Studie widersprechen Giffeys Einschätzung, das Thema Zuwanderung spiele in dieser Debatte keine Rolle.

Gewalt gegen Frauen (Symbolbild): Zahlen ins richtige Verhältnis setzen Foto: picture alliance/Photoshot
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