BERLIN. Deutschland hat sich in einem jährlichen Vergleich zu Freiheit und Demokratie verschlechtert. Laut dem „Freedom in the World Report 2018“, der von der Nicht-Regierungsorganisation Freedom House veröffentlicht wird, rutschte Deutschland von Platz 18 auf Platz 20 ab und liegt damit gleichauf mit Spanien und Chile.
Drei Länder sind demnach perfekte Demokratien mit voller Punktzahl von 100: Finnland, Norwegen und Schweden. Deutschland und Österreich verloren jeweils einen Punkt und kommen nun auf 94 Punkte.
Verantwortlich für den Abrutsch ist vor allem das NetzDG
Grund für den Abstieg ist insbesondere die Verabschiedung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), teilte die Sprecherin von Freedom House, Sarah Repucci, auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. Dies könne zum stärkeren Löschen zulässiger Meinungsäußerungen führen.
Gleichzeitig sei auch die Beendigung des NSA-Untersuchungsausschusses ohne nennenswerte Ergebnisse negativ bewertet worden. Der Ausschuß habe kein Fehlverhalten bei der Kooperation des Bundesnachrichtendienstes mit der NSA eingeräumt.
In diesem Zusammenhang kritisierte Repucci auch das im Juni 2017 geänderte BND-Gesetz. Verschiedene illegale Maßnahmen der Geheimdienste, die zuvor vom Whistleblower Edward Snowden enttarnt worden seien, habe das Gesetz für legal erklärt, erklärte die Sprecherin gegenüber der JF.
Gleichzeitig müßten die Ergebnisse in den Kontext „einer sehr starken Demokratie gestellt werden“. Noch immer gebe es eine „freie und lebendige Medienlandschaft“. Der komplette Bericht für Deutschland wird Ende Januar publiziert.
Weltweit nehmen demokratische Grundwerte ab
Weltweit nahm die Freiheit laut dem Bericht im zwölften Jahr infolge ab. In 113 Ländern hat sich die Situation verschlechtert, nur in 62 verbessert. 49 Länder gelten als unfrei. Betroffen davon sind 2,7 Milliarden Menschen.
Die USA verloren drei Punkte und teilen sich nun mit 86 Punkten Platz 50 mit Kroatien und Belize. Das Land hatte sich schon unter Barack Obama verschlechtert, 2008 lag es noch bei 94 Punkten. Auch andere Großmächte wie Rußland und China sanken im Ranking ab.
Als besonderen Rückschlag führt der Report die Türkei und Ungarn auf. „Länder, die vor einem Jahrzehnt nach Erfolgsgeschichten für die Demokratie aussahen, rutschen ab in autoritäre Herrschaft“, heißt es zur Begründung. Die Türkei liegt mit 32 Punkten nur knapp vor dem Irak, in den vergangenen Jahren ist sie um 35 Punkte gefallen.
Demokratieindex ist nicht unumstritten
Der seit 1973 veröffentlichte „Freedom in the World Report“ zählt zu den ältesten Indizes, die Freiheit und Demokratie untersuchen. Die Berichte erfahren weitreichende Beachtung in Medien, Wissenschaft und Politik. Gleichzeitig wird die Organisation aufgrund ihrer Finanzierungsstruktur häufig mit dem Vorwurf politischer Parteilichkeit konfrontiert.
Der eigenen Bilanz zufolge finanziert sie sich zu 86 Prozent durch Gelder der US-Regierung. Zu den weiteren Unterstützern zählen der Demokratieförderfonds der Vereinten Nationen (UNDEF), das EU-Menschenrechtsprogramm, die Regierungen von Kanada, Niederlande und Norwegen, sowie Google und Facebook. (ha)