HANNOVER. Die AfD hat auf ihrem Parteitag in Hannover Jörg Meuthen und Alexander Gauland zu ihrer neuen Führungsspitze gewählt. Der Europa-Abgeordnete und bisherige AfD-Sprecher Meuthen setzte sich im ersten Wahlgang ohne Gegenkandidat mit 72 Prozent der Stimmen durch.
Zuvor hatte Meuthen die Behauptungen zurückgewiesen, er sei ein Raffke. Er habe nie ein Doppelmandat angestrebt, sondern das alles nur als Übergangslösung gesehen.
„Ich bin zutiefst bürgerlich, und wenn mich bildungsferne Deutschland-Abschaffer wie Claudia Roth als Spießer bezeichnen, empfinde ich das als Adelstitel und bin gerne ein Spießer.“ Dem „Flügel“ gehöre er nicht an, so Meuthen, sehe ihn aber als integralen Bestandteil der Partei.
Bei der Wahl seines Co-Sprechers kam es dann zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Berliner AfD-Fraktions- und Landeschef Georg Pazderski sowie der AfD-Vorsitzenden von Schleswig-Holstein, Doris von Sayn-Wittgenstein.
Pazderski: Müssen uns auf Tag X vorbereiten
Diese erhielt im ersten Wahlgang zwar mit 285 Stimmen (49,4 Prozent) mehr Stimmen als Pazderski (273 Stimmen, 47,3 Prozent), erreichte jedoch wegen Nein-Stimmen und Enthaltungen nicht die notwendige Gesamtmehrheit für den Posten als zweite Bundessprecherin.
Im zweiten Wahlgang verlief es genau andersherum: Pazderski kam auf 284 Stimmen, von Sayn-Wittgenstein auf 275. Doch auch hier verpaßte Pazderski wegen 13 Enthaltungen und elf Nein-Stimmen die notwendige Mehrheit.
In seiner Rede hatte Pazderski betont, die Partei müsse sich „auf den Tag X“ vorbereiten, an dem sie bereit stehe, Verantwortung zu übernehmen. „Kritisieren ist das eine, Verändern das andere.“
Die AfD dürfe sich nicht selbst blockieren, sondern müsse an Deutschland denken. Eine Regierungsbeteiligung dürfe es nicht um jeden Preis und nicht ohne ein Votum der Parteimitglieder geben. Am ehesten sei das denkbar in den neuen Bundesländern, in denen die AfD schon jetzt auf Augenhöhe sei.
Gauland tritt an
Nach Beratungen zogen von Sayn-Wittgenstein und Pazderski dann jedoch zurück. Im dritten Wahlgang trat daraufhin der Chef der AfD-Fraktion im Bundestag, Alexander Gauland, an. Er erhielt ohne Gegenkandidaten 385 Stimmen (67,8 Prozent) bei 153 Nein-Stimmen und 30 Enthaltungen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Gauland versprach, er wolle die Einheit der Partei erhalten und mit allen Parteiflügeln konstruktiv zusammenarbeiten. Anders als geplant, habe er eigentlich Vize werden wollen. „Aber ich lasse mich in die Pflicht nehmen. Wir sind eine Bürgerbewegung und zugleich in den Parlamenten eine liberal-konservative Reformpartei.“
Pazderski zum Vize gewählt
Die AfD dürfe keine ihrer Wurzeln abschneiden. Im Gegensatz zu Pazderski warnte er, die AfD dürfe nicht zu früh ankommen, sondern müsse erst stark genug werden. Solange werde die Partei klare Opposition sein und Alternativen aufzeigen.
Zuvor hatten sich die Delegierten mit 50,4 Prozent gegen 48,4 Prozent dafür entschieden, auch weiterhin an einer Doppelspitze festzuhalten. Ein Antrag, die Partei wegen der bisherigen Querelen unter den beiden Co-Sprechern künftig nur mit einem Vorsitzenden zu führen, wurde abgelehnt.
Bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden konnte sich dann Pazderski als erster Kandidat durchsetzen. Er trat gegen den Publizisten Nicolaus Fest (AfD Berlin) sowie Johannes Sondermann (AfD Berlin) an und erhielt 51,2 Prozent der Stimmen. Fest bekam 34,4 Prozent und Sondermann 3,9 Prozent.
Gottschalk zweiter Vize
Als zweiter Partei-Vize wurde der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk (AfD Nordrhein-Westfalen) gewählt, der sich mit 54 Prozent gegen Petr Bystron (AfD Bayern, 9,3 Prozent), Corinna Miazga (AfD Bayern, 6 Prozent) und Sayn-Wittgenstein (28,3 Prozent) durchsetzte.
Gottschalk war am Morgen auf dem Weg zum Parteitag von Gegendemonstranten vor den Augen der Polizei attackiert und an der Hand verletzt worden. Er verlangte ein Treffen mit Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). Es könne nicht sein, daß gewählte Bundestagsabgeordnete in ihrer körperlichen Integrität bedroht und Delegierte behindert würden. Auch AfD-Pressesprecher Christian Lüth war zum Ziel einer Attacke mutmaßlicher Linksextremisten geworden, die ihn in die Beine getreten und so zu Fall gebracht hatten.
Glaser gewinnt gegen Poggenburg
Um den Posten des dritten Stellvertreters bewarben sich Albrecht Glaser (AfD Hessen) und André Poggenburg (AfD Sachsen-Anhalt). Glaser, der zuvor schon stellvertretender Bundesvorsitzender und Kandidat der AfD für das Amt des Bundespräsidenten war, setzte sich mit 58 Prozent gegen Sachsen-Anhalts AfD-Chef Poggenburg (39 Prozent) durch. Mit dieser Wahl wurde der Parteitag auf Sonntag vertagt. (vo/krk)