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„Das Schwarzbuch“: Baupfusch und Software-Chaos: Hier wird Steuergeld versenkt

„Das Schwarzbuch“: Baupfusch und Software-Chaos: Hier wird Steuergeld versenkt

„Das Schwarzbuch“: Baupfusch und Software-Chaos: Hier wird Steuergeld versenkt

Steuergeld-Verschwendung
Steuergeld-Verschwendung
Steuergeld-Verschwendung: „Es sind Milliardenbeträge“ Foto: Pixabay
„Das Schwarzbuch“
 

Baupfusch und Software-Chaos: Hier wird Steuergeld versenkt

Das „Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung“ ist vor allem bei Politikern berüchtigt. In der jüngsten Ausgabe werden wieder die krassesten Fälle von Steuergeldverschwendung aufgelistet – von der Dauerbaustelle Deutscher Bundestag, über toilettenlose Gerichtssäle, bis hin zu einem 130.000 Euro teuren Gutachten über den Baumbestand in einer niedersächsischen Stadt.
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Das „Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung“ ist vor allem bei Politikern berüchtigt. Jedes Jahr listet es die krassesten Fälle von Steuergeldverschwendung auf. In seiner 45. Ausgabe, die der Steuerzahlerbund am Donnerstag vorgestellt hat, werden die „Gesichter der Verschwendung“ angeprangert – von der Dauerbaustelle Deutscher Bundestag, über toilettenlose Gerichtssäle, bis hin zu einem 130.000 Euro teuren Gutachten über den Baumbestand in einer niedersächsischen Stadt.

Ganz oben auf der Liste steht in diesem Jahr ausgerechnet der Bundestag. Um mehr Platz für Abgeordnetenbüros zu schaffen, wird seit 2010 an einer Erweiterung am Marie-Elisabeth-Lüders-Haus im Regierungsviertel gearbeitet. Derzeit bewegt sich auf der Baustelle jedoch nichts. Der Grund: „Eine undichte Bodenplatte, durch die Feuchtigkeit eindringt und die noch vor Fertigstellung eine Sanierung des Gebäudes erforderlich macht“, schreibt der Steuerzahlerbund. Kostenpunkt: Fast 47 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant.

Toiletten vergessen

Berlin steht auch wegen einer anderen Baustelle in der Kritik. Nördlich des Hauptbahnhofs soll das neue Stadtquartier „Europacity“ entstehen. Das Land Berlin hatte sich vertraglich dazu verpflichtet, eine Fußgängerbrücke über den Berlin-Spandauer-Schiffahrtskanal zu bauen. Belief sich die Kostenschätzung im Wettbewerb dafür auf rund 1,9 Millionen Euro, rechnet der Berliner Senat nun mit 2,9 Millionen Euro.

Fußgängerbrücke in der „Europacity“ Foto: Senatsverwaltung Berlin

Nicht nur im Soli-subventionierten Berlin gehen Politiker wenig verantwortlich mit Steuergelder um. Ein neuer Hochsicherheits-Gerichtssaal der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim kostete 17 Millionen Euro. Erst dann fiel auf: Es fehlt an Toiletten. Verhandlungen mit mehr als sechs Angeklagten können vorerst nicht in dem neuen Saal stattfinden.

Hamburger Software-Gau

Peanuts im Vergleich zur Softwareumstellung in der Hamburger Sozialbehörde. Während die Berliner immerhin Stein um Stein sehen können, wie ihr Geld verbraten wird, bleibt den Hamburgern selbst das vorenthalten. Eigentlich sollte die neue Verwaltungssoftware „Jus-It“ gleich mehrere alte Computerprogramme ablösen. Die Stadt startete das Projekt 2009 mit einer Laufzeit bis 2015. Veranschlagt waren 112,1 Millionen Euro. Es kam natürlich anders.

Im Mai 2014 teilte der Senat mit, daß die Mittel für „Jus-It“ um 21,5 Millionen Euro aufgestockt werden müßten. Doch damit nicht genug, denn die Geschichte nahm ein teures Ende. Im Frühjahr 2015 folgte nämlich die Kehrtwende: Weil das beauftragte Softwareunternehmen erneut mehr Geld forderte und den Zeitplan ein weiteres Mal ausdehnen wollte, zog die Stadt die Notbremse.

Für die Sozialbehörde, die nach wie vor mit einer 20 Jahre alten Software arbeiten muß, fand die Stadt nun ein neues Standardprogramm. Mit der Einführung wird bis 2019 gerechnet. Kosten: 41,5 Millionen Euro. Zum Thema Digitalisierung befaßt sich der Bund in diesem Jahr mit einem Sonderkapitel, in dem er Handlungsempfehlungen für die Politik gibt, „wie teures Mißmanagement im E-Government bekämpft werden muß“.

Die niedersächsische Stadt Hameln wollte unterdessen einen besseren Überblick über ihren Baumbestand bekommen. Dafür sollte ein Gutachter alle „schutzwürdigen“ Bäume erfassen. Einfach, dachte sich die Verwaltung und plante 8.450 Euro ein. Die Kosten jedoch schnellten nach oben, der Gutachter erhielt schließlich 130.000 Euro.

„Solar-Preßhaie“ entwickeln sich zu Freßhaien

„Solar-Preßhai“ in Potsdam Foto: dpa

Noch skurriler ist ein Fall in Sachen „innovative Mülleimer“. Die Städte Köln und Potsdam testen solarbetriebene Mülltonnen. Die High-Tech-Eimer pressen den Müll, sodaß sie seltener geleert werden müssen. Eigentlich ein rentables Geschäft, weil weniger Entsorgungen auch weniger Kosten bedeuten. Doch die „Solar-Preßhaie“ entwickelten sich zu Freßhaien. Die Stadt Köln rechnet mit Mehrkosten in Höhe von 2.000 Euro. Außerdem benötigen die pro Stück 8.000 Euro teuren Mülleimer auch mehr Wartung.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, mahnt: „Wie hoch das Ausmaß der Steuergeldverschwendung tatsächlich ist, kann niemand genau sagen – aber es sind Milliardenbeträge. Wir brauchen deshalb einen sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit den öffentlichen Geldern. Geld, das so eingespart werden kann, steht für notwendige Aufgaben zur Verfügung – beispielsweise auch für Steuersenkungen.“

Die künftige Regierungskoalition ruft er deshalb dazu auf, „alles dafür zu tun, damit Steuergeld nicht verschwendet wird“. Union, FDP und Grüne könnten nun beweisen, daß sie es mit einer bedachteren Ausgabenkultur ernst meinen.


Steuergeld-Verschwendung: „Es sind Milliardenbeträge“ Foto: Pixabay
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