PASSAU. Der ägyptischstämmige Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad hat vor dem politischen Islam in Deutschland gewarnt. Die Kirchen in Deutschland setzten bei Gesprächen mit Islamvertretern zu sehr auf Verbände wie die Türkische-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), kritisierte Abdel-Samad am Montag abend bei einer Veranstaltung der Passauer Neuen Presse.
„Ditib ist keine religiöse Gemeinschaft, sondern der verlängerte Arm der Türkei in Deutschland.“ Das Ziel dieses politischen Islams sei nicht die Integration, er verstecke sich vielmehr hinter den Kirchen und nutze „Grauzonen“ im deutschen Grundgesetz, um seine Infrastruktur aufzubauen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, erwiderte, es würden bereits ernsthafte Gespräche geführt.
Fehler im Umgang mit islamischen Vertretern
Dies sei jedoch viel zu spät geschehen, kritisierte der Politologe. Nach wie vor würden auch Fehler im Umgang mit islamischen Vertretern gemacht. Beispielsweise sei zu der Gedenkfeier nach dem islamischen Terroranschlag in Berlin 2016 von der evangelischen Gemeinde ein Imam eingeladen worden, der in einer vom Verfassungsschutz beobachteten Moschee predigt. „Indem man solche Leute hoffähig macht, macht man sich als Kirche mitschuldig.“
Abdel-Samad zufolge leben in Deutschland rund fünf Millionen Moslems. Die wenigsten davon seien Teil einer Organisation, auch wenn jene immer so aufträten, als sprächen sie für viele Moslems. Man müsse mit den einzelnen Menschen ins Gespräch kommen, nicht mit den politischen Gruppierungen. (ls)