BINGEN. Der Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Bingen ist aufgeklärt. Die Polizei nahm am Wochenende einen 26 Jahre alten Syrer fest, der die Tat in der Befragung einräumte. Der Asylsuchende hatte aus Frust über seine Unterkunft im Keller des Hauses Feuer gelegt und Hakenkreuze an die Fassade geschmiert.
„Als Motiv gab der 26jährige die beengten Wohnverhältnisse in der Unterkunft an sowie die fehlende Zukunftsperspektive“, teilte die Polizei am Sonntag mit. Nach eigenen Angaben habe der Syrer die Dimension der Tat unterschätzt. Das Amtsgericht erließ Haftbefehl wegen schwerer Brandstiftung. Die Tat ereignete sich bereits am vergangenen Donnerstag.
600 Teilnehmer
Eine geplante Mahnwache gegen Rechts, zu der Stadt, Gewerkschaften und Kirchengemeinden sowie linke Gruppierungen aufgerufen hatten, fand am Sonntag trotz der Festnahme des Ausländers statt. Rund 600 Personen nahmen daran laut Angaben der Rhein-Zeitung teil. „Wir haben ein Problem in Bingen. Es wäre falsch zu sagen, daß wir jetzt zur Tagesordnung übergehen können, weil diese Tat keinen rechtsradikalen Hintergrund hatte“, sagte der DGB-Kreisverbandsvorsitzende Sebastian Hamann auf der Kundgebung.
Der Landtagsabgeordnete Michael Hüttner (SPD) warnte auf der Mahnwache vor zunehmendem Rechtsextremismus in der Stadt und monierte: „Die Tat ist natürlich eine Steilvorlage für gewisse Kreise. Die guten Menschen, die etwas tun, werden womöglich ein Stück weit ausgebremst.“
AfD fordert Entschuldigung von Ministerpräsidentin
Stadtdezernent Jens Voll (Grüne) sorgte sich, die Straftat des Syrers könne „Wasser auf die falschen Mühlen“ sein, berichtet die Allgemeine Zeitung. Pfarrer Olliver Zobel sagte, gerade jetzt sei es wichtig, die Willkommenskultur weiter hochzuhalten. „Eine Versachlichung der Debatte ist dringend notwendig. Flüchtlinge sind keine Heiligen, aber auch keine Verbrecher. Auch unter ihnen gibt es Menschen, die falsche Dinge tun.“ Die aktuelle Entwicklung könne dazu beitragen, „alles differenziert zu sehen“.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hatte kurz nach der Tat den Anschlagsort besucht. Auf ihrer Facebook-Seite warnte die Politikerin vor „Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft“.
Hamburg: Afghane brennt Unterkunft nieder
Die AfD forderte deswegen eine Entschuldigung Dreyers. „Aus Sicht der AfD Rheinland-Pfalz ist diese politische Instrumentalisierung schwerer Brandanschläge mit dem Amtsverständnis einer Ministerpräsidentin nicht vereinbar“, teilte die Partei mit. Dreyer nutze die Gewalt, um diese auf „zynische Weise in politisches Kleingeld“ umzuwandeln, sagte Landeschef Uwe Junge.
In Hamburg war es am Wochenende zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Dort setzte am Sonntag ein 17 Jahre alter Afghane eine Unterkunft für sogenannte unbegleitete minderjährige Asylsuchende in Brand. Die ehemalige Turnhalle, in der 24 Personen lebten, brannte völlig aus. „Zu einem möglichen Motiv können im Moment noch keine Angaben gemacht werden. Der Jugendliche soll am Montag einem Haftrichter vorgeführt werden“, teilte die Polizei mit. (ho)