BERLIN. Die Grünen haben gefordert, die im griechischen Asyllager Idomeni ausharrenden Personen nach Deutschland zu holen. „Wir könnten sie sofort aufnehmen, notfalls ohne Hilfe der anderen EU-Staaten“, sagte die Europaabgeordnete Ska Keller Spiegel Online. „In Deutschland stehen Flüchtlingsunterkünfte leer, und hier schlafen die Menschen im Schlamm.“
Zuvor hatte bereits Parteichefin Simone Peter gesagt, dies müsse „unbedingt“ und „sofort“ passieren. „Die Menschen, die dort festsitzen, haben Schreckliches hinter sich. Wir haben die moralische und menschenrechtliche Pflicht, ihnen eine Perspektive zu bieten“, sagte sie dem Tagesspiegel. Derzeit halten sich dort rund 10.000 Personen freiwillig auf. Athen hat ihnen angeboten, in reguläre Asylunterkünfte umzuziehen.
EU-Türkei-Deal in der Kritik
Scharfe Kritik übten die beiden Grünen-Politikerinnen am Deal mit der Türkei zur Rückführung von Asylsuchenden. Demnach werden alle ab Montag ankommenden Flüchtlinge in Griechenland in die Türkei abgeschoben, wenn sie nicht nachweisen können, in dem Land verfolgt zu werden. Im Gegenzug wird für jeden zurückgeführten Asylsuchenden ein Syrer aus der Türkei in die EU umgesiedelt. Vorerst ist dafür eine Obergrenze von 72.000 vorgesehen.
Die Mitgliedsstaaten können freiwillig entscheiden, ob sie sich an der Verteilung beteiligen. Zudem sicherte die EU der Türkei zu, die Visa-Beschränkungen weitgehend aufzuheben, neue Kapitel in den Beitrittsverhandlungen zu öffnen sowie mehr Geld für die Betreuung von Syrern zur Verfügung zu stellen.
Weiterhin hohen Asylzustrom in Griechenland
Keller warnte, der Deal sei „für niemanden ein Verhandlungserfolg, er wird zu riesigen Problemen führen“. Er sei in der Praxis kaum umsetzbar. „Wir können nicht erwarten, daß die Türkei unsere Probleme in der Flüchtlingsfrage löst. Die EU muß selbst Antworten finden, und zwar schnell.“ Es sei völlig unklar, wohin die 72.000 Personen umgesiedelt werden sollten.
Um die nun ankommenden Asylsuchenden in Griechenland zu registrieren und ihnen ein Asylverfahren zu ermöglichen, braucht die Regierung in Athen Hilfe von den anderen EU-Staaten. Dem Land fehlenden hunderte Polizisten, Richter und Staatsanwälte. Die Bundesrepublik hat die Entsendung von Helfern zugesagt. „Daß Deutschland 100 Asylbeamte entsenden will, ist vor diesem Hintergrund fast lächerlich. Ich schäme mich komplett für Europa“, monierte Keller.
Die Umsetzung des EU-Türkei-Vertrages läuft nach ersten Berichten schleppend an. Der von den Staats- und Regierungschefs ausgehandelte Plan lasse sich nicht „in nur 24 Stunden“ umsetzen, sagte der Asylkoordinator der griechischen Regierung, Giorgos Kyritsis. Insgesamt zählten die Behörden rund 900 ankommende Asylsuchende in Griechenland am Wochenende. (ho)