Der bisherige Focus-Redakteur Michael Klonovsky wird als Medien- und Konzeptberater an die Seite Frauke Petrys wechseln. Die AfD heftet sich damit eine Perle ans Revers, während Burda den letzten Vertrauensposten und besten Autor verliert.
Klonovsky, 1962 in Bad Schlema im Erzgebirge geboren, hat sich seit der Wiedervereinigung etwas erarbeitet, was vielen etablierten Journalisten versagt ist: eine publizistische Handschrift als die Summe aus stilistischer Raffinesse, intellektueller Qualität und persönlichem Mut, die dem Leser neben Erkenntnisgewinn einen ästhetischen Mehrwert verschafft.
Philologisches Sezierbesteck der verdämmernden Republik
Sein Internet-Tagebuch „Acta diurna“ – gerade erscheint der zweite Band mit Auszügen gedruckt („Die Liebe in Zeiten der Lückenpresse“) – ist längst zum inoffiziellen Journal der verdämmernden Republik avanciert. Wie Karl Kraus spürt Klonovsky mit philologischem Sezierbesteck der Verlogen-, Feig- und Gemeinheit nach, die sich bis in die letzten Winkel der offiziellen Sprache und des politischen Handelns eingenistet haben. Gut möglich, daß sich „Acta diurna“ einmal als Nachfolgebuch von Victor Klemperers „LTI“ erweist.
Klonovsky verfaßt politische Aufsätze, Romane, Musikerbiographien und gestochen scharfe Aphorismen. Eine Schubladisierung ist unmöglich bei einem Mann, der jede Seite erklärtermaßen für die falsche hält. Er ist weder ein alter Linker noch ein Neuer Rechter, schon gar kein Grüner und auch nicht national- oder linksliberal.
Anarcho-Individualist mit elitärem Einschlag
Zunächst und vor allem ist er ein Anarcho-Individualist mit elitärem Einschlag, der auf seine Umgebung durch höflich-gelassene Distanz wirkt und Dandy-Gehabe nicht nötig hat. Politisch läßt er sich am ehesten mit dem Paradoxon des Ordo-Libertären erfassen: Dem Staat soll gegeben werden, was ihm zusteht, damit er für das Staatsvolk die Grundversorgung bereitstellt: innere und äußere Sicherheit, effiziente Verwaltung, schmucke Opernhäuser, gute Schulen und Hochschulen.
Und keine politische Belehrung, Quoten und ideologische Erbauung bitte! Sonst gilt: Leben und leben lassen. Fast könnte er als Konservativer alter Schule durchgehen, stünde dem nicht sein unverschämter Hedonismus entgegen. „Welcher Wein zu welcher Frau?“ heißt einer seiner Buch-Ratgeber für ein gutes Leben.
Gewiß hat er bedacht, daß er mit der Parteipolitik in eine Schlangengrube wechselt und ätzende Sentenzen, die im Netz-Tagebuch und zwischen zwei Buchdeckeln gerade noch Nachsicht finden, in politischen Interviews oder Presseerklärungen eine Katastrophe auslösen können. Doch hat er Sicherungen eingebaut, um sich seine Unabhängigkeit zu erhalten. So verzichtet er darauf, die Reihen der AfD durch seine Mitgliedschaft zu verstärken. Auf den Fortgang dieses Experiments sind seine Anhänger wie Gegner gleichermaßen gespannt.
————–
JF 19/16
Michael Klonovsky im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT: