BIELEFELD. Gefangene aus Nordafrika und dem arabischen Raum sorgen in deutschen Gefängnissen zunehmend für Probleme. Laut dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede, Uwe Nelle-Cornelsen, handele es sich dabei nicht nur um Kommunikationsprobleme.
„Viele dieser Insassen verhalten sich sehr auffällig und akzeptieren keinerlei Regeln.“ Die Qualität dieses Verhaltens sei neu, unterstreicht Nelle-Cornelsen. Die Männer fielen vor allem durch „Ruhestörung, Randalieren, sehr große Auflehnung gegen die Justizbeamten, auch Einschüchterung bis hin zur massiven Selbstverletzung“ auf, sagte er der Neuen Westfälischen.
Zwei Phänomene
Die Justizvollzugsanstalt hätte mit zwei Phänomenen zu kämpfen. Viele Nordafrikaner seien „hochgradig suchtanfällig“, da sie in ihren Heimatländern ein Antiepileptikum als Droge nähmen, das in Deutschland nicht gebräuchlich sei. „Das führt zu massiven Entzugserscheinungen mit teilweise psychotischen Folgen“, erläutert der Gefängnisleiter.
Zum anderen kursierte unter den Häftlingen das Gerücht, wonach Gefangene in anderen Ländern frei kämen, wenn sie sich so verhielten. Die Betroffenen seien deswegen über Monate hinweg verhaltensauffällig. „Sie eskalieren sogar bei den Selbstverletzungen. Manche haben sich selbst den Bauch oder die Kehle aufgeschnitten. So etwas ist seit einem guten Jahr bei uns Alltag“, mahnt Nelle-Cornelsen. Überdies würden weibliche Justizbeamte nicht akzeptiert.
„Zweckgesteuertes Verhalten“
Es werde zwar geprüft, ob das Verhalten durch seelische Krankheiten oder Traumata resultiere. „Aber oft ist dieses Verhalten nicht psychotisch“, konstatiert der Gefängnisdirektor. Als Beispiel nannte er einen Iraker, der selbst in der Gummizelle mit der Nase gegen die Wand schlage, das Blut mit Urin vermische und arabische Schriftzeichen male. Ein Psychiater habe ausgeschlossen, daß er psychotisch agiere. „Sein Verhalten ist nach seiner Ansicht zweckgesteuert.“
Probleme machten vor allem neue Häftlinge machen. Und sie werden mehr. Laut dem nordrhein-westfälischen Innenministerium lag der Anteil der Häftlinge ohne deutschen Paß 2010 im Schnitt bei 28 Prozent, mittlerweile bei 34,8 Prozent. Hinzu kämen jene Gefangenen mit ausländischen Wurzeln. Ein neues Phänomen sei auch jene Gruppe, „die eine Gewaltsozialisation erlebt hat, die uns bisher unbekannt ist“, sagt Nelle-Cornelsen. Ein Beispiel seien „größere Gruppen westafrikanischen Ländern“, zu der ehemalige Kindersoldaten gehörten. (ls)