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Asylkrise: Das Wandern geht weiter

Asylkrise: Das Wandern geht weiter

Asylkrise: Das Wandern geht weiter

Asylbewerber
Asylbewerber
Asylbewerber an der slowenisch-österreichischen Grenze Foto: picture alliance / dpa
Asylkrise
 

Das Wandern geht weiter

Der vollmundig beschlossene „17-Punkte-Plan“, um die chaotische Asyl-Invasion in den Griff zu bekommen, ist schon jetzt überholt. Die Probleme sind dieselben und bereits geltendes Recht wird nicht durchgesetzt. Ein Kommentar von Michael Paulwitz.
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Dreizehn Regierungschefs beschließen auf einem EU-Krisentreffen einen „17-Punkte-Plan“, um die chaotische Asyl-Invasion in den Griff zu bekommen. Tags darauf marschieren allein im Raum Passau wieder achttausend Immigranten nach Bayern. 2.500 stürmen nachts die Grenze und strömen unkontrolliert in den Ort Wegscheid.

Österreich habe die illegalen Einwanderer einfach busladungsweise ohne Absprache an die Grenze gefahren, schimpfen Bürgermeister und Bundespolizei. 24 Stunden zuvor hatte Österreich in Brüssel noch mitbeschlossen, das „Durchwinken von Migranten zum nächsten Nachbarstaat“ müsse ein Ende haben.

Längst geltendes Recht wird ignoriert

Die Szene genügt, um zu dokumentieren, daß der von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker initiierte und allenthalben als „Durchbruch“ gefeierte 17-Punkte-Plan das Papier nicht wert ist, auf dem er unterzeichnet worden ist. Die EU hat ein neues Dokument für die Ablage produziert, die Probleme sind dieselben geblieben. Und in Deutschland kommt weiter Tag für Tag eine Kleinstadt illegaler Neuzuwanderer an, die untergebracht, verpflegt und versorgt werden wollen.

Daran wird auch kein EU-Beschluß so schnell etwas ändern. Schon gar nicht der in sich widersprüchliche Plan, der außer schönklingenden Absichtserklärungen zu besserem Grenzschutz, ordnungsgemäßer Registrierung und schnelleren Abschiebungen – längst geltendes Recht also, das bislang einfach nur ignoriert wird – wenig mehr Greifbares enthält als die Vereinbarung, Telefonnummern und Einwandererzahlen auszutauschen.

Jeder ist sich selbst der Nächste

Eine wirksame Schließung der EU-Außengrenzen ist damit genausowenig in Sicht wie vor dem Gipfel. Im Gegenteil: Die verabredete Schaffung von hunderttausend Aufnahmeplätzen entlang der Balkanroute, die gerade einmal der Einwandererzahl von ein bis zwei Wochen entsprechen, dient eher dazu, die Völkerwanderung auf den von den illegalen Einwandererströmen chaotisch gebahnten Pfaden zu institutionalisieren und zu verstetigen, statt ihr einen Riegel vorzuschieben.

Im Klartext heißt das, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist erwartungsgemäß wieder einmal mit ihrer Ablenkungstaktik aufgelaufen, die Verantwortung für die Folgen des Asylansturms auf eine nebulöse „europäische“ Ebene zu verschieben. Angesichts der anschwellenden Immigrantenströme ist sich jeder betroffene Staat innerhalb und außerhalb der EU nämlich selbst der Nächste: Ungarn hat seine Grenzen bereits abgeriegelt und erklärt sich zum unbeteiligten „Beobachter“, Serbien, Kroatien und Slowenien können die Hunderttausende genausowenig alleine beherbergen wie andere Balkanstaaten entlang der Transitroute.

Am Ende nimmt Deutschland doch alle auf

Zumal sie ja auch nicht Zielland sind, sondern Deutschland, dessen Regierungschefin die Massenmigration vor knapp zwei Monaten noch mutwillig selbst angeheizt hat. Das „Durchwinken“ ist für diese Staaten ein Akt der Notwehr und wird solange weitergehen, wie Deutschland selbst die Masseneinwanderung schicksalsergeben wie ein Naturereignis hinnimmt und am Ende doch alle aufnimmt.

Solange Deutschland weiter diese Signale aussendet, kann Angela Merkel aus ihrem Bunker noch so viele Geisterarmeen von Grenzpolizisten, die schon im eigenen Land fehlen und überfordert sind, nach Slowenien entsenden. Sie kann sich noch so oft dem türkischen Potentaten Erdogan an den Hals werfen, der die Migrantenschleusen an den Flüchtlingslagern in seinem Land nach Belieben auf- und zudreht.

Sie kann noch so sehr auf irgendwann zu schließende europäische Abschiebeabkommen mit Afghanistan oder irgendwann einmal einzurichtende EU-Registrierungslager in Griechenland oder sonstwo vertrösten und noch so viele EU-Krisengipfel anfordern, auf denen mittel- und südosteuropäische Regierungs-chefs wohlfeile Lippenbekenntnisse unterschreiben, sie würden „Flüchtlinge oder Migranten entmutigen, zur Grenze eines anderen Landes der Region zu ziehen“: Die Völkerwanderung geht weiter.

Sozialstaatliche Anreize beseitigen

Die Wahrheit ist nämlich, daß kein Europa und kein Nachbarstaat Veranlassung hat, den Deutschen die unangenehme Aufgabe abzunehmen, diese Völkerwanderung von seinen Grenzen fernzuhalten. Schon gar nicht, wenn deutsche Politiker weiter in der Pose des moralisch überlegenen Weltverbesserers andere EU-Mitgliedstaaten als „unsolidarisch“ beschimpfen, wenn sie sich nicht ebenso überfluten lassen.

Deutschland muß selbst tun, was andere betroffene Staaten längst umsetzen, und in seinem Hoheitsbereich Recht und Ordnung wiederherstellen: die Grenzen schließen, unberechtigte Asylbewerber ausnahmslos abweisen und zurückschicken, sozialstaatliche Anreize beseitigen, die illegale Einwanderer anlocken wie der Marmeladentopf die Fliegen. Erst dann entsteht der notwendige Druck auf EU-Partner und Nachbarstaaten, die Flüchtlingsrouten und Wanderungsströme auszutrocknen und Europas Außengrenzen in gemeinsamer Anstrengung abzuriegeln.

Selbstmord nicht auch von anderen verlangen

Die Politik der Kanzlerin, den Druck allein auf die eigenen Bürger auszuüben und immer weiter zu erhöhen, droht dagegen nicht nur das deutsche Gemeinwesen zu zerreißen, sondern das ganze europäische Gefüge. Die Warnung des slowenischen Ministerpräsidenten, die Asylkrise könnte die Europäische Union sprengen, ist berechtigt, und sie zielt nicht auf die europäischen Gremien, sondern auf das Handeln und Nichthandeln der Mitgliedstaaten. Denn das Fundament Europas sind und bleiben die Nationalstaaten.

Wenn einer von ihnen beschließt, freiwillig Selbstmord zu begehen, kann er nicht erwarten, daß die anderen ihm wie die Lemminge bedingungslos folgen.

JF 45/15

Asylbewerber an der slowenisch-österreichischen Grenze Foto: picture alliance / dpa
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