BERLIN. Die laxe Abschiebepraxis der Bundesländer ist laut Bundesinnenministerium mit ein Grund, warum so viele Asylbewerber nach Deutschland drängen. „In der Durchsetzung der Ausreisepflicht besteht derzeit ein erhebliches Vollzugsdefizit“, sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Welt. Auch innerhalb der Europäischen Union werde der „Sog-Faktor nach Deutschland“ durch die viel zu selten vollzogenen Abschiebungen erklärt.
Beispielsweise hielten sich im Juni rund 143.000 Personen in der Bundesrepublik auf, obwohl ihr Asylantrag bereits abgelehnt worden sei. Dagegen weist die Statistik der Bundespolizei für das erste Halbjahr 2014 lediglich die Abschiebung von 5.700 Personen aus. Das seien nur ungefähr halb so viel, wie Großbritannien im gleichen Zeitraum ausweise. Selbst Schleuser rieten dazu, nach Deutschland zu ziehen, da Abschiebungen hierzulande „oftmals nicht durchgesetzt“ würden.
Länder drücken sich vor der Verantwortung
Verantwortlich für die verschleppte Abschiebung macht der Sprecher vor allem die Länder. „Besonders problematisch“ seien demnach pauschale Winterabschiebestopps in einigen Bundesländern sowie das Fehlen von Abschiebehaftanstalten. So seien unter anderem in Schleswig-Holstein, Thüringen und Rheinland-Pfalz im vergangenen Winter „besonders schutzbedürftige“ Einwanderer aus Balkanstaaten nicht zurückgeschickt worden.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), bestätigte der Welt die laxe Abschiebepraxis. Man arbeite daran, „dort, wo wir es können, die vielfältigen Abschiebungshindernisse zu beseitigen“. Bis dahin „bleibe die rechtskräftige Feststellung, daß kein Recht zum weiteren Aufenthalt in Deutschland besteht, in der Praxis folgenlos“. (FA)