Das hatte sich der „Genosse M.“ der linksextremen Gruppierung „Avanti“ wohl anders vorgestellt. Eigentlich war er Mitte Oktober in das Hamburger Schanzenviertel gekommen, um für die sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge zu demonstrieren. Und wie so oft bei solchen Veranstaltungen kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Das wollten sich einige Genossen von M. aus den hinteren Reihen der Demonstration natürlich nicht bieten lassen und bewarfen die Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörpern. Dumm nur, daß offenbar einem von ihnen die nötige Kraft oder Wurftechnik fehlte. Der Böller flog zu kurz und explodierte neben M.
Seitdem leidet der Antifaschist. Offenbar so sehr, daß sich die Hamburger Ortsgruppe von Avanti nun genötigt sah, eine Stellungnahme mit dem Titel „Scheißaktion: Ohr kaputt nach Böllerwurf“ zu veröffentlichen. Darin beklagt M. einen „dauerhaften Hörschaden und einen Tinnitus“, was ihn sehr belaste. Kneipen, Konzerte und andere laute Orte müsse er seit dem Vorfall meiden. Zudem beschere ihm die Therapie erhebliche Kosten. Dies dürfe man nicht einfach als „persönliches Pech“ abtun, denn schließlich habe es sich um sogenanntes „Friendly Fire“ gehandelt.
„Feige Scheißidee“
Daß auf Demonstrationen Böller geworfen würden, sei ja nicht das Problem. Nur wer dies ohne Übung und Vorbereitung tue, handle schlicht verantwortungslos. „Flaschen, Steine, Böller richten bei denen, die eigentlich damit getroffen werden sollen, dank krasser Schutzausrüstung, kaum einen Schaden an“, weiß M. Um so wichtiger sollte es daher sein, dadurch keine eigenen Leute zu gefährden. Aus der Sicherheit einer hinteren Reihe zu werfen, sei nämlich eine „feige Scheißidee“.
Das sehen auch seine Genossen von Avanti so: „Unserer Meinung nach ist das Zünden von Feuerwerkskörpern in den eigenen Reihen während besonders unübersichtlicher Situationen schlichtweg dumm. Ebenso verhält es sich mit Stein- und Flaschenwürfen aus weiter Entfernung, die dann die eigenen Leute auf die Köpfe bekommen. Wir finden das ganz ehrlich zum Kotzen“, beklagen sie in ihrer Stellungnahme. Die übrigen Demonstrationsteilnehmer seien deshalb aufgefordert, sich mit dem versehrten Kumpanen solidarisch zu zeigen und sich an dessen Behandlungskosten „im vierstelligen Bereich“ zu beteiligen. In einem linken Szeneladen im Schanzenviertel stehe dafür eine Spendendose bereit. (krk)