BERLIN. Mehr als 150 Wirtschaftswissenschaftler sind mit der Eurorettungspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf ins Gericht gegangen. In einem Aufruf heißt es, unter den Beschlüssen vom vergangenen Euro-Gipfel in Brüssel würden noch „unsere Kinder und Enkel“ leiden. Unterschrieben wurde er unter anderem vom Chef des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn.
„Es ist schlechterdings unmöglich, die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas für die Absicherung dieser Schulden in die Haftung zu nehmen“, schreiben die Experten. Zumal zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar seien. Streit und Zwietracht, befürchten die Unterzeichner, wären dann vorprogrammiert.
Heftige Kritik aus Gewerkschaftskreisen
Sinn und seine Mitstreiter appellierten an die Bevölkerung, das Thema sehr ernst zu nehmen und „es mit den Abgeordneten Ihres Wahlkreises zu diskutieren“. Der Ifo-Chef hatte die Pläne zu einer Bankenunion und zur Eurorettung in den vergangenen Monaten bereits mehrfach angegriffen und gewarnt, Deutschlands finanzielle Stabilität werde immer weiter gefährdet. Nun könne man nur noch auf das Verfassungsgericht hoffen.
Der Leiter des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Gustav Horn, warf Sinn auf seiner Facebook-Seite vor, eine „nationalistisch angehauchte Demagogie“ zu vertreten. Horn betonte zudem, die deutschen Steuerzahler würden lediglich haften. Barzahlungen an bankrotte Südstaaten habe es noch gar nicht gegeben. Sinn wolle nur „den Euro zerstören“.
Unterdessen gab die Bundesregierung nach Informationen der Bild-Zeitung grünes Licht für weitere Hilfsmilliarden an Portugal. In der mittlerweile fünften Tranche soll die Regierung in Lissabon etwa vier Milliarden Euro aus den Euro-Rettungsschirmen erhalten. (ho)