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Streiflicht: Wege aus der Politikverdrossenheit

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Wege aus der Politikverdrossenheit

Eine der Lieblingsfloskeln der Bundeskanzlerin war in den letzten Monaten die Rede von der „Alternativlosigkeit“ von politischen Entscheidungen. Immer wieder sollte den Bürgern eine Zwangslage suggeriert werden, bei der es keine Wahlmöglichkeit gibt. Ein Kommentar von Dieter Stein.
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„Die antidemokratische Fünf-Prozent-Hürde muß weg“ Foto: Pixelio/M. Großmann

Eine der Lieblingsfloskeln der Bundeskanzlerin war in den letzten Monaten die Rede von der „Alternativlosigkeit“ von politischen Entscheidungen. Immer wieder sollte den Bürgern eine Zwangslage suggeriert werden, bei der es keine Wahlmöglichkeit gibt. Dummerweise zwingt die Verfassung dann doch dazu, in regelmäßigen Abständen dem Bürger eine Auswahl von Alternativen zu ermöglichen. Das nennt sich dann „Wahlen“.

Bei den in Mecklenburg-Vorpommern am kommenden Sonntag und in Berlin in zwei Wochen anstehenden Urnengängen wird es jedoch kaum zu fundamentalen Verschiebungen kommen. Als ob der Zusammenbruch des Währungs- und Finanzsystems derzeit auf einem anderen Planeten stattfindet, werden die Wahlkämpfe von den etablierten Parteien dominiert, die das Publikum mit Image-Schattenboxen und austauschbaren Formeln narkotisieren. 

Auf zentralen Politikfeldern gibt es keine echte Polarisierung: Bei der Frage des Bruchs der Euro-Verträge und verantwortungsloser Milliardenrettungspakete – keine nennenswerten Nuancen von Linkspartei bis FDP, von der für bürgerliche Wähler indiskutablen NPD abgesehen. So wendet eine wohl weiter wachsende Mehrheit von Bürgern sich mit Grausen oder Langweile ab und verweigert sich der Teilnahme an Wahlen. Und doch gibt es erstaunlicherweise wieder Hartgesottene, die mit unerschütterlichem Idealismus den Versuch wagen, das durch feines Regelwerk beinahe hermetisch abgeschottete Parteiensystem aufzubrechen. 

Himmelfahrtskommando

In Berlin erreichten bei der letzten Abgeordnetenhauswahl 2006 die „Sonstigen“ immerhin über 13 Prozent der Stimmen – die aber ausgelöscht wurden, weil die Fünf-Prozent-Hürde den Einzug der gewählten Listen verhinderte.

Angesichts der Übermacht etablierter Parteien, die nicht nur über mehr Geld, Sonderrechte und uneingeschränkte Medienpräsenz verfügen sowie den Verfassungsschutz insbesondere gegen „rechte“ Konkurrenz instrumentalisieren, ist es ein Himmelfahrtskommando, gegen dieses Kartell anzurennen. In Berlin versuchen dies auf dem freiheitlich-rechtskonservativen Flügel mit Die Freiheit und Pro Deutschland indes allein zwei Formationen in Konkurrenz und werden sich dabei womöglich gegenseitig neutralisieren.

Was ist der Ausweg aus der Politik- und Parteienverdrossenheit? Mindestens die antidemokratische Fünf-Prozent-Hürde muß weg – dies hat sich schon auf kommunaler Ebene bewährt. Die Bürger hätten mehr Mut, kleinere Parteien zu wählen, und diese hätten eher die Chance, sich im Parlament auch mit geringeren Stimmzahlen zu bewähren und spätestens dort gegebenenfalls Kräfte zu bündeln. So ist jedoch zu befürchten, daß sich in Berlin erneut der bürgerliche Protest zersplittert.

JF 36/11 

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