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Euro-Rettung: Diktatur auf leisen Sohlen

Euro-Rettung: Diktatur auf leisen Sohlen

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Euro-Rettung
 

Diktatur auf leisen Sohlen

Die vermeintlichen Euro-Retter gefährden die Demokratie und schaffen ein neues sozialistisches Monstrum. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis zu den Sanierungskandidaten Griechenland, Portugal und Irland Schwergewichte wie Italien und Spanien dazukommen. Ein Kommentar von Wilhelm Hankel.
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Occupy-Bewegung vor der Europäischen Zentralbank: Merkel liefert Agitatoren die billigsten Argumente Foto: Pixelio/Jens Kemle

Den im Oktober von einem britischen Lord gestifteten Preis für den schmerzfreien Ausstieg aus dem Euro wird keiner der noch lebenden Europa-Visionäre gewinnen, aber auch keiner aus der Gilde der europäischen Staatsschauspieler. Erstere gehören laut Helmut Schmidt (er zählt selber dazu) ohnehin zum Psychiater, letztere müssen sich demnächst mit Plänen zur Schließung ihres absurden Euro-Rettungstheaters befassen. Das Stück wird abgesetzt, spätestens dann, wenn sich die „zusammengehebelte“ Euro-Rettungsfonds-Billion als unzureichend erweist, um aus den Schulden der Krisenländer in letzter Instanz deutsche zu machen.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis zu den Sanierungskandidaten Griechenland, Portugal und Irland Schwergewichte wie Italien und Spanien dazukommen, mit Sicherheit Belgien und vielleicht sogar Frankreich. Denn dann werden die Finanzmärkte (mit oder ohne die bis dahin eventuell sogar schon verbotenen Ratingagenturen) den Daumen über dem Euro senken. Das Publikum mag noch so sehr (und zu Recht) über die Folgen entsetzt sein. Überrascht ist es nicht. Es weiß längst, daß Angela Merkels „alternativlose“ Realpolitik nichts weiter ist als der „Mitternachtstraum“ blind und verwirrt herumtappender politischer Spukgeister.

Eine Politikergeneration der Konzeptions- und Ratlosigkeit

Selten hat eine Politikergeneration weniger Klarsicht und mehr Konzeptions- und Ratlosigkeit gezeigt. Dem Publikum ist klar, daß der Euro so nicht gerettet werden kann. Die kleinen Sparer heben ihr Geld bei den Banken ab, die großen haben es längst getan, nicht nur in den Krisenregionen der EU, auch den noch sicheren Ländern der Euro-Zone. Sie tun gut daran, es in „Realwerten“ anzulegen: Immobilien, Rohstoffen, Gold, den Aktien krisenresistenter Unternehmen und jenen Währungen, die schon lange gegenüber dem Euro aufwerten. Zurück bleiben vor dem Konkurs stehende Staaten und Banken. Nur: Sie bedrohen den Euro nicht.

Die lange Geschichte des Geldes verzeichnet keinen einzigen Fall, in dem eine Währung an Staatsschulden oder Bankpleiten gescheitert wäre. Es ist umgekehrt: So mancher Staat mußte seine Zahlungen einstellen, so manche Bank ihre Schalter schließen, weil ihnen das Geld ausging und niemand bereit war, ihnen neues zu leihen. Doch das lag an den Betroffenen. Sie waren falsch mit der Währung umgegangen; dafür mußten sie büßen. Warum soll das heute anders sein?

„Mit dem Euro retten wir Europa“: Kanzlerin Merkel findet mit ihrem Mantra nicht nur Gläubige in der eigenen „Kirche“ (sprich: Partei, Regierung), sondern auch in der halbroten und tiefgrünen Opposition sowie der Mehrzahl der staatstragenden Medien. Nur immer weniger beim Volk, ohne das in der Demokratie auf Dauer kein Kanzler gleich welcher Partei regieren kann.

„Merkozy“ verschweigt seine wahren Motive

Die europäischen Visionäre haben Volk und Parlament einst verschwiegen, daß die Währungsunion eine Fiskalunion zwangsläufig nach sich zieht, sonst wären die Euro-Verträge nie unterschrieben worden. Die Exponenten der EU-Nomenklatura begriffen schnell, wie sehr die Euro-Krise ihren Geheimplänen entgegenkam, aus Europas Staatenbund den Großstaat Europa zu machen und die Kompetenzen der Brüsseler Bürokratie ins Totalitäre zu erweitern.

Und das Traumpaar Merkel/Sarkozy? „Merkozy“ verschweigt wie so manches Paar dem jeweiligen Partner seine wahren Motive. Sarkozy kann sich sechs Monate vor seiner akut gefährdeten Wiederwahl weder eine Banken- noch Eurokrise leisten. Und Bundeskanzlerin Merkel? Entweder die CDU-Chefin merkt nicht, was sich mit ihrer überparteilichen Rückendeckung im Deutschen Bundestag in Europa vollzieht, oder sie strebt diese Änderung sogar an:

Die Umwandlung der einst „neoliberalen“ EU in eine sozialistische, einen vom Brüsseler „Politbüro“ zentral regierten Umverteilungsstaat, eine „Sowjet-union light“ mit einem Euro à la Transfer-Rubel oder Mark der DDR. Souverän und deswegen unbelehrbar nimmt diese deutsche Kanzlerin in Kauf, daß sie mit ihrer Verteufelung der Finanzmärkte, Ratingagenturen und angeblichen Machenschaften profitgieriger Spekulanten juvenilen Attac- und „Occupy Wall Street“-Agitatoren die billigsten Argumente frei Haus liefert.

Einführung der Diktatur wie in den 30er Jahren?

Nur, es ist die Logik von Medizinmännern im afrikanischen Busch: Zerstört das Thermometer, dann verschwindet das Fieber von selbst! Mit dem Kredit-Risiko steigende Zinsen und Kurssicherungskosten zeigen nur die reale Gefahrenlage an. Sie schützen Anleger und Investoren vor Verlusten und ermöglichen den Rettern, rasch und richtig zu handeln. Wer diese Indikatoren abschaltet, liefert den Patienten der Krankheit aus, statt sie wirksam zu bekämpfen.

Schon einmal leisteten bürgerliche Politiker, Parteien und Medien mit ihrer als „Rettung aus der Krise“ getarnten Entmündigung der Parlamente der Einführung der Diktatur Vorschub: in der Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre – nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Staaten der heutigen EU. Soll sich das jetzt wiederholen? Mit ihren Budget-Diktaten beseitigen die Euro-Retter in den Schuldenstaaten die Demokratie. Mit dem Dauer-„Soli“ der Nordhälfte für die Süd-Hälfte Europas und die Finanzierung der Rettungsfonds über deren „Hebelung“ – nur ein anderes Wort für Geldschöpfung mit oder ohne Einschaltung der Notenpresse – zerstören sie die Grundlagen der Europäischen Union.

Denn die bislang noch der Krise trotzenden Nord-Staaten der EU – allen voran Deutschland – können weder mit grenzenlos eskalierenden Staatsschulden noch der offenen Entwertung des Euro leben. Wann stehen Volk und Wirtschaft zusammen auf, diesen Wahnsinn zu stoppen?

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Prof. Dr. Wilhelm Hankel war Leiter der Währungsabteilung des Wirtschaftsministeriums und Chef der Bank- und Versicherungsaufsicht.

JF 45/11

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