GÜSTROW. Der Landesvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe Mecklenburg-Vorpommern, Rainer Becker, hat im Streit um die Patenschaft des Bundespräsidenten für das siebte Kind einer Familie im Landkreis Güstrow vor Sippenhaft gewarnt. Hintergrund ist die Weigerung des örtlichen Bürgermeisters, die Patenurkunde zu überreichen, weil es sich bei den Eltern um Rechtsextremisten handeln würde.
Ein Neugeborenes für seine Eltern auch nur mittelbar haftbar zu machen, erinnere an die sogenannte Sippenhaft, die in der Geschichte eher den Nationalsozialisten zuzuordnen gewesen sei, warnte Becker in einer Mitteilung. Man müsse sich schon die Frage stellen, um wen es bei der Patenschaft denn eigentlich ginge: das Kind oder die Eltern.
Becker mahnte zudem, bei aller Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Gedankengut dürfe man Menschen nicht ausgrenzen. Man müsse sich nicht zu ihren Freunden machen, „aber wir sollten uns daran erinnern, daß sie trotzdem Menschen bleiben, Menschen, die sich politisch schwer verlaufen haben, aber eben dennoch Menschen.“
„Keine Urkunde fürs siebte Nazi-Kind“
Kritik äußerte der Landesvorsitzende der Kinderhilfe auch daran, daß der Fall überhaupt in die Öffentlichkeit geraten sei. Wäre es wirklich um den Gewissenskonflikt des Bürgermeisters gegangen, hätte sich sicherlich eine Lösung finden lassen, ohne die teilweise schulpflichtigen Kinder der Familie öffentlich bloßzustellen, so Becker. Sollte sich allerdings herausstellen, daß der Bürgermeister die Öffentlichkeit gesucht habe, dann hätte er zumindest fahrlässig ein neugeborenes Kind und auch dessen Geschwister für seine ganz persönliche politische Auseinandersetzung mißbraucht.
Öffentlich war der Fall Mitte November durch einen Artikel der beiden Antifa-Journalisten Andrea Röpke und Andreas Speit in der taz geworden. Darin war über die Weigerung des Bürgermeisters berichtet worden, die Urkunde von Bundespräsident Christian Wulff zu überreichen. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT betonte Knaack jedoch, nicht er habe sich an die Presse gewandt, sondern ein Journalist habe ihn angerufen und gezielt nach dem Vorgang gefragt.
„Wenn, dann hat er von meiner Haltung aus dem Präsidialamt erfahren.“ Dennoch hatte Knaack bereitwillig Auskunft darüber gegeben, warum er die Patenurkunde nicht überbringe. Er wolle die Eltern mit solch einem Akt nicht noch „hofieren“.
In einem weiteren Artikel in der taz unter der Überschrift „Keine Urkunde fürs siebte Nazi-Kind“ rechtfertigte Knaack am Dienstag sein Verhalten: „In der Region engagieren wir uns sehr stark gegen eine rechtsextreme Verankerung, da können wir doch dann nicht so eine Ehrung überreichen.“ (krk)