BERLIN. Der wegen seiner Kritik an der deutschen Zuwanderungspolitik von einem Parteiausschluß bedrohte Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) hat offensichtlich große Zustimmung von der Basis der Sozialdemokraten bekommen.
Wie die Berliner Zeitung berichtet, seien beim Parteivorstand in den vergangenen Tagen insgesamt 2.000 E-Mails eingegangen. Darin äußerten sich rund 90 Prozent der Absender zustimmend zu den Thesen Sarrazins.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bestätigte in einem Interview der Bild-Zeitung indirekt diesen Befund: „In Zuschriften und Anrufen werden wir natürlich auch gefragt, ob das denn nötig ist“, stellte der Parteichef fest. Ein Ausschluß Thilo Sarrazins sei den Wählern und an der SPD-Basis nicht leicht zu vermitteln.
Jeder zweite befürchtet Überfremdung
Der ehemalige Finanzsenator dürfe natürlich „denken und sagen, was er will“. Die Frage sei jedoch, „ob er das als SPD-Mitglied tut“, so Gabriel in der Bild. Seine Partei müsse in dem anstehenden Verfahren deutlich machen, „daß es bei diesem Ausschluß nicht um Sarrazins Kritik an den Fehlern der Integrationspolitik geht, sondern um sein fatales menschenverachtendes Menschenbild“.
Unterdessen teilt knapp jeder zweite Deutsche (46 Prozent) Sarrazins Furcht, die Deutschen könnten immer mehr zu Fremden im eigenen Land werden. Dies ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift Stern.
51 Prozent der Befragten seien nicht dieser Auffassung. Am geringsten fällt die Zustimmung für Sarrazin bei Wählern der Grünen (23 Prozent) aus. Besonders viele Anhänger findet das Vorstandsmitglied der Bundesbank unter Bürgern mit Hauptschulabschluß (68 Prozent) und Anhängern der FDP (66 Prozent).
Roth fürchtet „Racheakte“ an Muslimen
Angesichts dessen hat die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, die FDP vor dem Versuch gewarnt, sich mit Blick auf ihre sinkenden Umfragewerte erneut auf „Wählerfang am rechten Rand“ zu begeben. „Das hat Herr Westerwelle zu Zeiten eines Jürgen Möllemann ja schon mal versucht“, meinte Roth laut einem Bericht der Leipziger Volkszeitung.
In diesem Jahr habe er es mit einer Kampagne gegen Hartz-IV-Empfänger erneut versucht. Dabei bräuchte das Land „eine Einbürgerung des Islam und nicht eine Verteufelung, nicht eine Islamophobie und keine Leute wie Sarrazin“, behauptete die Grünen-Chefin. Roth befürchtet außerdem „Racheakte“ an Muslimen, wenn bei Sarrazin nicht schnell Konsequenzen gezogen würden. (vo)