DÜSSELDORF. In sämtlichen Verhandlungsräumen des Neubaus des Düsseldorfer Land- und Amtsgerichtes werden keine Kruzifixe aufgehängt. „Es kam vor, daß sich im Schwurgerichtssaal ein Angeklagter beschwert hat“, verteidigte Gerichtspräsident Heiner Blaesing die Maßnahme. Das Ab- und Aufhängen würde dem christlichen Symbol mehr schaden, als ein kompletter Verzicht.
Gegen die Entscheidung regt sich Protest: „Das Kreuz steht für die christlich-abendländischen Werte, auf denen unser Gemeinwesen basiert“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gegenüber der Rheinischen Post. Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) empfahl, auf Kreuze nur im Einzelfall zu verzichten.
Verleugnung der Wurzeln
„Ein Staat, der sich im Grundgesetz ausdrücklich auf seine Verantwortung vor Gott und den Menschen bezieht, ist selbstverständlich berechtigt, ein Kreuz in öffentlichen Räumen aufzuhängen“, sagte der Chef der Senioren Union, Otto Wulff. „Es hat nichts mit Neutralität und auch nichts mit Toleranz zu tun, wenn man seine Wurzeln verleugnet.“
Verhaltener äußerten sich Politiker anderer Parteien. NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) zeigte „Verständnis für die Entscheidung des Landgerichts, das seine Würde vom Staat ableitet“.
Offensiv verteidigte der ehemalige Innen- und Justizminister Fritz Behrens (SPD) die Maßnahme: „Das ist eine Entscheidung der Gerichte, die man zu akzeptieren hat.“ Man müsse als Christ diesen Prozeß als das Ergebnis einer fortschreitenden Säkularisierung und eines stärker multikulturellen Charakters unserer Gesellschaft hinnehmen.
Christen sollen selbstbewußter sein
Scharfe Kritik kam von Vertretern der Kirche. Stadtdechant Rolf Steinhäuser wandte sich im Namen von evangelischer und katholischer Kirche „auf das Entschiedenste“ gegen die „Verbannung des Kreuzes“ aus den Gerichtssälen. Der Superintendent der evangelischen Kirche, Ulrich Lilie, verlangte mehr christliches Selbstbewußtsein. Der Zeitgeist sei derzeit so liberal, „daß wir nach allen Seiten offen sind und dabei nicht mehr wissen, für was wir stehen“.
Der Generalvikar des Erzbistums Köln, Dominik Schwaderlapp, sieht die unantastbare Würde des Menschen als ein „Geschenk Gottes, das unsere Rechtsordnung schützt“. Wer daher Kreuze aus Gerichtssälen entferne, trenne demonstrativ unser Recht von seinen Wurzeln.
Kreuze bereits zur Zeit des Nationalsozialismus verbannt
Seit dem sogenannten Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 können Bürger in öffentlichen Räumen darauf bestehen, daß das Kruzifix entfernt werde. Wie ein Sprecher des Gerichts erklärte, sei es inzwischen längst Praxis, in Gerichtsneubauten prinzipiell auf ein Kruzifix zu verzichten. Auch in den zukünftigen Räumlichkeiten des Gerichtes, die noch nicht bezogen wurden, ist erst gar keine Aufhängung vorgesehen.
Wie der Kirchenhistoriker Ulrich Brzosa der RP gegenüber erläuterte, hingen die jetzt entfernten Kreuze seit ungefähr 1949 wieder in den Gerichtssälen. Zuvor waren sie während der Zeit des Nationalsozialismus gleichfalls verbannt worden. (FA)